Telekom will DSL weniger stark drosseln

Die Telekom musste für die Pläne, DSL-Verbindungen auf 384 Kb/s zu drosseln auch viel Häme einstecken. Jetzt will die Telekom trotz Drosselung eine Art Grundversorgung sicherstellen. Quelle: Avatter.de

Ursprünglich hatte die Telekom beim Überschreiten eines DSL-Volumens den betreffenden Zugang auf 384 KBit/s zurücksetzen wollen. Laut aktueller Pläne sollen die Kunden nach Erreichen der Highspeed-Volumengrenze mit 2 MBit/s online gehen können. Der Bonner Konzern erklärt selbst: “Die Telekom reagiert damit auf die Sorgen von Kunden.”

“Wir haben in den vergangenen Wochen einen intensiven Dialog mit unseren Kunden geführt und die Sorgen verstanden. Mit 2 MBit/s liegen wir deutlich über dem Mindestrichtwert aus der Breitbandstrategie der Bundesregierung – wir haben ihn verdoppelt”, sagte Niek Jan van Damme, Deutschlandchef der Telekom. Der neue Wert gelte rückwirkend auch für Verträge, die seit dem 2. Mai 2013 abgeschlossen wurden.

Den seit diesem Zeitpunkt gültigen Geschäftsbedingungen zufolge drosselt die Telekom den DSL-Zugang bei einem 16-MBit/s-Anschluss nach 75 GByte Verbrauch bis zum Ende des Abrechnungszeitraums. Wer dann weiterhin schnell surfen will, muss zusätzliche kostenpflichtige Optionen hinzuwählen. Bei Anschlüssen mit 50, 100 und 200 MBit/s liegt die Obergrenze bei 200, 300 und 400 GByte.

“Auch hier gilt: Wir stellen uns der Realität. Vor der Einführung 2016 werden wir uns den Durchschnittsverbrauch unserer Kunden genau ansehen und die Inklusivvolumina gegebenenfalls anpassen”, erklärt Michael Hagspihl, Marketingchef der Telekom Deutschland. Es sei derzeit noch zu früh, um über die Tarifstruktur in drei Jahren zu sprechen.

Mit der Ankündigung, 2016 eine Drosselung für Festnetz-Internetanschlüsse einzuführen, hatte die Telekom im April eine Protestwelle losgetreten. Politiker, Verbraucherschützer und Kunden aber auch die Wirtschaft kritisierten das Vorhaben scharf, weil sie die Netzneutralität gefährdet sehen. Netzaktivisten starteten eine Online-Petition und organisierten eine Demonstration vor der Telekom-Hauptversammlung im Mai.

Telekom-Chef René Obermann hatte die Kritik zurückgewiesen. Begriffe wie Netzneutralität und Sicherstellung von Wettbewerb würden in der Debatte dazu missbraucht, “einen Flatrate-Anspruch auf unbegrenztes Datenvolumen im Internet zu zementieren”. Die Mehrzahl der Verbraucher sei von den Änderungen nicht betroffen.

Kritik gibt es vor allem daran, dass die Telekom den von der eigenen IPTV-Plattform “Entertain” verursachten Datenverkehr nicht auf das in den neuen Tarifen enthaltene Highspeed-Volumen anrechnen will. Dadurch bevorzuge der Konzern eigene Dienste und benachteilige Wettbewerber, so der Vorwurf.

Die Telekom verteidigt sich damit, dass andere Inhalte-Anbieter ebenfalls die Möglichkeit hätten, ihr Angebot nicht auf das Datenvolumen anrechnen zu lassen. Dafür verlangt der Konzern aber eine Gebühr. Dadurch sehen Kritiker den Grundsatz der Netzneutralität verletzt, der eine bestmögliche Übertragung jedes Datenpakets unabhängig von Sender, Empfänger und Inhalt vorsieht.

In diesem Punkt weiche die Telekom auch jetzt “kein einziges Bit von ihrer Linie ab”, heißt es in einer Mitteilung des Vereins Digitale Gesellschaft. Er hält die nachträgliche Anpassung der Drosselungsrate daher lediglich für ein “Ablenkungsmanöver” und ein taktisches Zugeständnis.

“Die ursprünglich angekündigten 384 KBit/s sind im Jahr 2016 mit einer Sperre gleichzusetzen. Mit 2 MBit/s wird man 2016 aber auch nicht mehr als E-Mails lesen können. Videos, größere Downloads, die Synchronisierung von Daten in der Cloud, Livestreams und Spiele sind dann nicht mehr möglich”, sagt Markus Beckedahl, Vorstand des Digitale Gesellschaft e.V. Er sieht jetzt die Politik in der Pflicht. Sie soll die Netzneutralität gesetzlich festschreiben und die Bundesnetzagentur beauftragen, sie gegenüber der Deutschen Telekom durchzusetzen.

[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]

Redaktion

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