LG Berlin: Ein Wikinger setzt sich erfolgreich zur Wehr

Technoviking LG Berlin

Im Fall des so genannten “Technoviking” hat das Landgericht Berlin in einer jüngeren Entscheidung dem beklagten Künstler wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild des Klägers zur Unterlassung einer weiteren Vermarktung, sowie zur Herausgabe des hieraus erzielten Gewinns verurteilt.

Die Aufführung des streitigen Films zu künstlerischen Zwecken sei dem Beklagten hingegen weiter gestattet, sofern eine hinreichende Entfremdung der Person des Klägers gewährleistet sei.

Der Fall

Der Beklagte hatte 2006 eine etwa vierminütige Filmaufnahme, welche im Jahr 2000 im Rahmen der Berliner Fuckparade – eine seit 1997 jährlich stattfindende Demonstration in Berlin, die ursprünglich als Gegenbewegung zur Loveparade entstand- auf YouTube eingestellt.

Sie zeigt den Kläger, einen martialisch wirkenden Mann, dessen äußeres Erscheinungsbild an das eines Wikinger erinnert, wie er zunächst einen betrunkenen Rempler empört zurecht weist und anschließend gefolgt von weiteren Personen tanzend durch die Stadt zieht. Dieser Filmausschnitt avancierte aufgrund seiner extremen Beliebtheit durch Verlinkung und Remixe zum Internet-Meme , ähnlich dem bekannten “Gangnam Style” und erreichte somit einen besonders hohen Verbreitungsgrad. Der “Technoviking” war geboren.

Der Beklagte wiederum sammelte und archivierte die zahlreichen Remixe, Bearbeitungen und Diskussionsbeiträge rund um die Figur, um sie künstlerisch und wissenschaftlich in Form von Installationen, Ausstellungen und Vorträgen auszuwerten. Neben Zahlungen von YouTube erzielte er seit 2000 Einnahmen aus dem Verkauf von Merchandise-Artikeln.
Der Kläger sah sich durch die Veröffentlichung der Aufnahme und deren späterer Vermarktung in seinen Rechten verletzt. Die Aufnahme sei ohne sein Wissen und somit ohne seine Einwilligung erfolgt. Zudem habe sich die Veröffentlichung negativ auf sein Berufs-und Privatleben ausgewirkt.

Die Entscheidung

Das Landgericht Berlin (Az.: 27 O 632/12) gab dem Kläger recht und sah in der Veröffentlichung der Aufnahme auf YouTube eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild.

Nach § 22KUG bedürfe es zur Veröffentlichung des Abbilds einer Person grundsätzlich deren Einwilligung. Hiervon sehe das Gesetz zwei Ausnahmen vor: Handelt es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte oder dient die Verbreitung und Zurschaustellung einem höheren Interesse der Kunst. Die Beurteilung erfordere stets eine umfassende Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten des Abgebildeten und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit.

Vor diesem Hintergrund sei eine Einwilligung des Klägers nicht ersichtlich. Die bloße Wahrnehmung, sowie der Blick in
die Kamera begründeten keine konkludente Einwilligung in die Aufnahme, geschweige denn in deren spätere Veröffentlichung. Gleiches gelte für die enorme Resonanz, die den Kläger auch nicht zu einer Person der Zeitgeschichte erhebt – zumindest nicht rückwirkend.

Schließlich bleibe der Beklagten auch die Berufung auf den künstlerischen Aspekt seiner Tätigkeit versagt. Die Aufnahme zeige lediglich ein Abbild der Realität. Es fehle somit an einer für den Kunstbegriff typischen individuellen-gestalterischen Leistung. Mit der kommerziellen Verwertung der Figur trete dann endgültig der Persönlichkeitsrechtsschutz in den Vordergrund.

Fazit

Internet-Meme, wie der “Technoviking“ sind Ausdruck einer humoristischen Internetkultur, die im Wesentlichen auf einer universellen, medialen Verfügbarkeit von Momentaufnahmen beruht. Häufig werden dabei Grenzen überschritten, was vor allem dann problematisch ist, wenn es nicht nur die des guten Geschmacks, sondern die Persönlichkeitsrechte anderer betrifft.

Im Gegensatz zu der Vielzahl der durch die Veröffentlichung peinlicher Partieaufnahmen oder Nacktfotos bloßgestellten, macht das Opfer im vorliegenden Fall nicht einmal eine schlechte Figur. Auch wenn die wenigsten dieser Darstellungen zum Internet-Meme avancieren, häufen sie sich im Internet doch zuhauf. Das Urteil des Berliner Landgerichts legt die Voraussetzungen einer zulässigen Veröffentlichung und deren Bewertungsmaßstäbe fest, lässt aber die entscheidende Frage, wann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung im Einzelfall schwer genug ist, um eine Geldentschädigung zu rechtfertigen, offen.

Ihr dürfte in der Praxis weitaus größere Bedeutung zukommen, da die finanzielle Kompensation in vielen Fällen die einzige Form von Genugtuung sein wird, auf die die Betroffenen hoffen können.