Staatsanwaltschaft prüft Streaming-Abmahnungen

Die massenweisen Abmahnungen gegen Streaming-Nutzer könnten nun auch der abmahnenden Anwaltskanzlei Ärger bedeuten. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft Köln, ob Ermittlungen aufgenommen werden.

Noch ist kein formales Ermittlungsverfahren eingeleitet, doch prüfe die Staatsanwaltschaft Köln derzeit, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Zunächst solle sich die Prüfung jedoch ausschließlich um die eidesstattliche Versicherung eines Mitarbeiters drehen, dessen Arbeitgeber die die IP-Adressen der Nutzer des Porno-Streaming-Portals RedTube erhoben haben will. Ein Sprecher hat gegenüber ITexpresso.de auf Anfrage ausdrücklich erklärt, dass derzeit entgegen anderslautender Berichte noch kein Verfahren aufgenommen wurde.

Um tätig werden zu können, muss der Staatsanwaltschaft ein sogenannter Anfangsverdacht vorliegen. Der könnte gegen den Mitarbeiter der Firma vorliegen, die angeblich die IP-Adressen der Redtube-Nutzer erhoben hat. Er hatte eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass dabei alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Ob dem so ist, prüfen die Kölner Juristen nun. Sollten sich aus diesen Aussagen jedoch Ungereimtheiten ergeben, werden die Ermittler ein Verfahren anstrengen.

Wer Abmahnungen erhalten hat und sich vor Gericht dagegen wehren möchte, muss sich an das für ihn zuständige Amtsgericht wenden. Die Kölner Gerichte sind nicht alleine deswegen für die Verfahren zuständig, weil dort die Auskunftsersuchen gestellt wurden. Und die Staatsanwaltschaft Köln prüft derzeit die Aufnahme von Ermittlungen deshalb, weil die eidesstattliche Versicherung im Zusammenhang mit den in Köln gestellten Auskunftsanträgen abgegeben wurde.

Gestern hatte die Rechtsanwaltskanzlei Werdermann | von Rüden unter Berufung “auf Justizkreise” erklärt, die Staatsanwaltschaft Köln ermittle bereits. Der Berliner Anwalt Johannes von Rüden hat die Massenabmahnungen schon früh als “Humbug” bezeichnet und selbst Strafanzeige gegen den Anwalt Daniel Sebastian gestellt, der die Sammlung der IP-Adresse veranlasst und die Auskunftsersuchen beim Landgericht Köln gestellt hatte.

Im Zusammenhang mit den Massenabmahnungen gibt es mehrere Ungereimtheiten: Wie den Auskunftsbeschlüssen des Landgerichts Köln zu entnehmen ist, hat die Firma itGuards im Vorfeld tausende IP-Adresse gesammelt. Dass dies mit rechten Dingen zugegangen sei, bescheinigt ein Gutachten der Kanzlei Diehl & Partner vom 22 März 2013 sowie eine eidesstattliche Versicherung eines Mitarbeiters von itGuards.

Zu Details der Adressermittlung schweigen sich die Beteiligten aus. Das Verfahren, so der abmahnende Anwalt Thomas Urmann gegenüber der Welt, sei das “Geschäftsgeheimnis der Ermittlungsfirma”. Laut der Tageszeitung bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, dass das Vorgehen der Abmahner korrekt gewesen ist.

Browser-Protokolldateien aus der Zeit von Ende Juli bis Anfang August von Redtube-Nutzern lieferten zum Beispiel Hinweise auf die Seite trafficholder.com. Von dort sei in schneller Folge auf die Seiten movfile.net, retdube.net und dann erst auf Redtube weitergeleitet worden. Die Links von movfile und retdube seien “augenscheinlich mit einer eindeutigen Film-Identifikationsnummer markiert” gewesen.

Hätten die Rechteinhaber und ihre Anwälte so also Nutzer bewusst auf Seiten mit ihren Inhalten gelockt, dürfte es schwer fallen, nachträglich zu behaupten, diese hätten mit der Nutzung der Angebote Urheberrechte verletzt. Abgesehen davon ist es zahlreichen mit der Sache befassten Anwälten zufolge ohnehin fragwürdig, ob die Nutzung von Streaming überhaupt als Urheberrechtsverletzung angesehen werden kann.

Dies scheint auch den Abmahnern bewusst gewesen zu sein: Schließlich haben sie sich in ihren Auskunftsersuchen zur Verknüpfung der IP-Adressen mit den Namen der Kunden von Internetprovidern von der Wortwahl und den Formulierungen her stark an Filesharing-Abmahnungen angelehnt. Das ist allerdings nur einem kleinen Teil der beim Landgericht Köln damit befassten Richter aufgefallen.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]