SAP: Weg in die Cloud macht Entlassungen nötig

Zum zweiten Mal in der Unternehmensgeschichte will SAP sich offenbar im größeren Stil von Mitarbeitern trennen. Beobachter vermuten, dass mehrere Tausend Stellen abbgebaut werden sollen. SAP betont jedoch, dass an erster Stelle die Neuausrichtung auf die Cloud steht und die Entlassungen “gezielte” Maßnahmen sind.

SAP richtet sich auf die Cloud und auf HANA aus. Die organisatorische Neuausrichtung wird wohl auch einige Entlassungen nach sich ziehen. Dabei solle es sich nicht um Massenentlassungen, sondern um gezielte Maßnahmen handeln.
SAP richtet sich auf die Cloud und auf HANA aus. Die organisatorische Neuausrichtung wird wohl auch einige Entlassungen nach sich ziehen. Dabei solle es sich nicht um Massenentlassungen, sondern um gezielte Maßnahmen handeln.

Nicht nur technologisch steht SAP vor großen Veränderungen. Nach dem überraschenden Weggang von Technik-Vorstand Vishal Sikka, dem angekündigten Ende der Doppelspitze ab Ende Mai und dem Ausscheiden von Werner Brand als Finanzvorstand im Sommer, erreicht die personelle Neuausrichtung des Walldorfer Unternehmens nun offenbar auch die Mitarbeiter.

Beobachter rechnen mit mehreren tausend eingesparten Stellen über Sparten hinweg. Das Unternehmen selbst wollte keine Zahlen nennen, aber die Entlassungen sollen in einigen Bereichen bereits begonnen haben. Aktuell sind bei SAP rund 67.000 Mitarbeiter beschäftigt.

In einer Mail an silicon.de stellt aber Unternehmenssprecher Christoph Liedke klar: “Es sind keine Massenentlassungen geplant, wie von einigen US Medien gestern berichtet, sondern es handelt sich um gezielte Anpassungen, um unsere Organisation zu vereinfachen und zu optimieren damit wir SAP besser auf die Cloud ausrichten.”

SAP wolle auch weiterhin wachsen und setze voll auf die Bereiche Cloud und HANA. “Ziel dieser Initiative ist es, SAP weiter zugunsten unserer Kunden zu vereinfachen”, so Liedtke weiter. “Es geht dabei eindeutig nicht um einen Stellenabbau. Tatsächlich werden wir Ende 2014 mehr Mitarbeiter beschäftigen als Anfang des Jahres.”

Nachdem sich der Vertrieb durch den Wechsel in die Cloud stark verändert, müsse SAP auch die Organisation anpassen. Daneben erwarte SAP auch im traditionellen On-Premise-Business Wachstum. Es müsse also geprüft werden, so Liedtke im Gespräch mit silicon.de, wie die Neuausrichtung organisiert werden kann. Daher sei es derzeit noch zu früh um genaue Zahlen, Bereiche oder Regionen zu nennen, die besonders betroffen sind. Die Restrukturierung werde sich vielmehr durch alle Bereiche ziehen.

Liedtke: “Anfang des Jahres hat der SAP Vorstand ein klares Ziel formuliert: Die SAP weiter zu vereinfachen, um DIE Cloud Company zu werden. Unser Ziel ist es, einfacher, agiler und schneller zu werden. Es handelt sich dabei um einen unternehmensweiten Ansatz, um SAP effektiver zu machen, unsere Innovationsführerschaft weiter auszubauen und die Zusammenarbeit vor allem für Kunden weiter zu vereinfachen.” Beim Erreichen dieses Ziels aber ließen sich auch einige Restrukturierungsmaßnahmen nicht vermeiden, erklärt der SAP-Sprecher.

Erst vor kurzem hatte SAP-Technikchef Vishal Sikka überraschend das Unternehmen aus “persönlichen Gründen” verlassen. Sikka spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Vermarktung der Datenbanktechnologie HANA. Am 15. Mai wird außerdem Cloud-Verkaufsleiter Shawn Price das Unternehmen verlassen. Gerüchten zufolge soll Price nicht freiwillig seinen Posten verlassen haben. SAP werde im Vertrieb künftig keine Unterscheidung zwischen Cloud und On Premise mehr machen. Zeitgleich mit Prices Weggang, gründet Bill McDermott die neue SAP-Abteilung Global Partner Operations (GPO), die sich darauf konzentrieren wird, Initiativen des Vorstands bei strategischen Partnerunternehmen voranzutreiben. Leiter dieser neuen Abteilung ist Rodolpho Cardenuto.

Nach der Hauptversammlung am 21. Mai 2014 will Co-Chef Jim Hagemann Snabe seinen Posten aufgeben, wodurch Bill McDermott zum alleinigen Vorstandssprecher wird.

Die Nachfolge Sikkas als Technikvorstand trat inzwischen Bernd Leukert an. Neben Leukert wurde im Zuge des Austritts von Sikka auch Rob Enslin in den SAP-Vorstand berufen. Beide waren zuvor Mitglieder des Global Managing Board, sozusagen einem erweiterten Vorstand von SAP. Einige Branchenbeobachter rechnen darüber hinaus mit weiteren Neubesetzungen in der Führungsriege des Marktführers bei Unternehmenssoftware.

SAP ist gerade dabei, das klassische Lizenzgeschäftsmodell zu Gunsten der Cloud umzubauen. Erst vor wenigen Wochen hatte SAP die Zahlen für das erste Quartal vorgelegt. Und diese Zahlen stimmten die Führungsspitze offenbar optimistisch. “Wir sind auf gutem Weg, DAS Cloud-Unternehmen auf Basis von SAP HANA zu werden, denn unser Cloud-Geschäft wächst schnell und mit SAP HANA als der Plattform für Echtzeit-Unternehmensanwendungen erreichen wir eine weltweite Marktdurchdringung”, kommentierten die Vorstandssprecher Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe die

[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.com]

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