Talent Management – Kennzahlen versus Firmenkultur

Talent Management Lösungen bilden die Speerspitze bei den cloud-basierten Lösungen im Unternehmenseinsatz. Nach einer eine Vielzahl an Übernahmen und Finanzierungen in den vergangenen zwei Jahren werden die Marktanteile neu verteilt. Doch welche Anbieter und Lösungen sind gut gerüstet für das Talent Management 3.0?

Talent Management Lösungen bilden die Speerspitze bei den cloud-basierten Lösungen im Unternehmenseinsatz. Schon seit über 10 Jahren nutzen große und mittelständische Unternehmen entsprechende Softwarelösungen über das Internet.

In den letzten 2 Jahren hat sich der Markt sehr dynamisch entwickelt. Eine Reihe von Akquisitionen und Finanzierungen zeigt deutlich den Optimismus, den Investoren in das Marktsegment setzen:

  • SAP / SuccessFactors 3,4 Milliarden Euro
  • Oracle / Taleo 1,4 Milliarden Euro
  • IBM / Kenexa 1,0 Milliarden Euro
  • IPO Workday, Aufnahme von 460 Millionen bei Unternehmensbewertung von 3,2 Milliarden Euro

Auch die Technologieanbieter und ihre Partner versprechen sich weiterhin starke Wachstumsraten für ihre cloud-basierten Dienste. Und dies zu recht! Denn der Markt für cloud-basierte Talent Management-Lösungen wächst deutlich stärker (+18%) als das Segment für traditionelle Personalverwaltungssoftware (+3%) und auch als der IT-Gesamtmarkt (+2,5%). Dabei umspannen die sogenannten Talent Management-Lösungen mittlerweile ein breites Spektrum an Funktionalitäten vom Recruiting, über Personalplanung und Mitarbeiterentwicklung bis hin zum  Wissensmanagement.

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Cloud-basiertes Talent Management – Ein attraktiver, aber hart umkämpfter Markt

Nach Einschätzungen von Crisp Research werden große und mittelständische Unternehmen im Jahr 2014 weltweit rund 3,2 Milliarden Euro für Talent Management-Lösungen ausgeben. Ein attraktiver Markt. Und somit auch hart umkämpft von einer Vielzahl an Wettbewerbern. Durch die Übernahmen und Finanzierungsrunden stehen den führenden Anbietern genügend Ressourcen in Entwicklung, Vertrieb und Marketing zur Verfügung. Doch welche Produkt- und Marketingstrategie ist die richtige, um die Anwender zu überzeugen und im „War of Talents“ bestmöglich zu unterstützen?

Cloud-basiertes Talent Management – Erfolgsfaktoren und Auswahlkriterien

Die Mehrheit der am Markt befindlichen Lösungen hat mittlerweile eine sehr hohe technologische Reife erlangt. So weisen beispielsweise die Lösungen von IBM/Kenexa, Haufe-Umantis, SAP/SuccessFactors oder Workday eine Produktentwicklungshistorie von 10 oder mehr Jahren auf. In dieser Zeit hat sich nicht nur die Funktionalität und das Einsatzspektrum der Lösungen deutlich verbreitert, sondern es wurden auch Verbesserungen hinsichtlich Performance und Integrationsfähigkeit erreicht.

Bei der Auswahl einer cloud-basierten Talent Management Lösung sind aus Perspektive von Crisp Research vor allem folgende Faktoren entscheidend:

  • Funktionsspektrum / Features
  • Integrationsmöglichkeiten / Schnittstellen
  • Performance / Skalierbarkeit / Quality of Service / SLAs
  • Administrations- und Anpassungsmöglichkeiten (Prozesse, Sprachen)
  • Verfügbarkeit von Partnern und Premium-Support vor Ort

Allerdings erfüllen die meisten der Top 10-Lösungen diese Anforderungen heute schon recht gut und es stellt sich die Frage, welches die zukünftig relevanten Erfolgsfaktoren sind, um die Anwender in der Unternehmenspraxis bestmöglich zu unterstützen. Und diese Kriterien geht weit über Funktion/Feature-Vergleiche oder reine Kostenbetrachtungen hinaus. Aus Perspektive von Crisp Research sollten CIOs und HR-Verantwortliche bei der Auswahl von cloud-basierten Talent Management Lösungen zukünftig insbesondere auf folgende Faktoren achten:

  • Ease of Use (Prozesskomplexität reduzieren)
  • User Experience (Unterstützung mobiler Endgeräte)
  • Insights & Analytics (Predictive Analytics)
  • Platform-Ansatz (offene Schnittstelle für neue Apps & Funktionen)
  • Collaborative Produktdesign (Fokus auf Teamarbeit versus Command&Control)

Der Wandel der Lösungen von der Personalverwaltung hin zum Talent Management bedeutet vor allem, dass Mitarbeiter in ihren Aufgaben bestmöglich unterstützt werden sollen. Darum sollten alle Prozesse und Freigaben (z.B. Urlaubsantrag, Freigabe von Reisekosten oder Fortbildungsmaßnahmen) so einfach wie möglich gestaltet werden. Denn aufwendige und umständliche Formulare und Freigaben kosten Zeit und Nerven.

Ebenso wichtig ist es, dass Mitarbeiter und Bewerber den Auftritt des Unternehmens einheitlich wahrnehmen und die Mitarbeiter-bezogenen Applikationen und Prozesse auf allen Endgeräten gleichermaßen verfügbar sind. Denn mit dem steigenden Anteil an „mobilen“ Mitarbeitern, wachsen auch die Zugriffe via Smartphone und Tablet. Eine moderne, standardisierte Web-Architektur, die nach den Prinzipien des „Responsive Web Design“ funktioniert, ist daher ein zentraler Faktor.

Die Talent Management-Lösungen der Zukunft verfügen zudem über detaillierte Analytics-Funktionen, die es den Mitarbeitern und Personal-Verantwortlichen erlauben, flexibel und ad hoc Auswertungen vorzunehmen, um beispielsweise den Ausbildungsbedarf in bestimmten Unternehmensbereichen oder den Krankenstand zu bestimmten Jahreszeiten vorausschauend („predictive“) zu berechnen.

Auch ändert sich der Charakter von Produkt-Suiten hin zu Talent Management Plattformen, die über standardisierte Schnittstellen verfügen, um die Entwicklung und Integration neuer Apps und Prozesse zu ermöglichen.

Talent Management 3.0 – Unternehmenskultur schlägt Performance Management

Der im Jahr 1997 von McKinsey ausgerufene „War of Talents“ wütet auch heute noch in vielen europäischen Unternehmen quer durch alle Branchen. Gerade mittelständische Unternehmen sind davon betroffen. Die Abhängigkeit von hochqualifizierten Mitarbeitern wächst weiter. Für diese „High Potentials“ ist es entscheidend, im Unternehmen selbst Verantwortung tragen zu dürfen. Die Stärkung von unternehmerischer Verantwortung auf Ebene jedes einzelnen Mitarbeiters sollte sich daher auch in den HR-Systemen und Organisationsmodellen abbilden.

Hinzu kommt, dass auch „High Potentials“ nur in einem guten Arbeitsklima und im Zusammenspiel mit ihren Kollegen ihr volles Potenzial und ihre volle Kreativität entfalten können. Dem Aspekt, des kollaborativen Arbeitens und gemeinsamen Entscheidens kommt unter dem Begriff des „Social Enterprise“ somit eine große Rolle zu. Teamspirit und gemeinsame Erfolge sind für die Gesamtperformance eines Unternehmens hoch signifikant.

Die Ausgestaltung und der Einsatz von Talent Management-Lösungen wird sich nach Einschätzung von Crisp Research zukünftig stärker an den Beiträgen zur Unternehmenskultur orientieren. Und deutlich weniger stark an der reinen Leistungsmessung der einzeln Mitarbeiter. Denn in einer Wissensgesellschaft ist der Management-Stil eines „Command & Control“ weitaus weniger erfolgreich als Team- bzw. Collaboration-basierte Ansätze.

Demnach sieht Crisp Research all diejenigen Anbieter in einer guten Ausgangsposition für die kommenden Jahre deren Produkt- bzw. Firmen-DNA schon heute diese Anforderungen erfüllen. Hierzu zählen vor allem die europäischen Anbieter, wie z.B. Haufe-Umantis oder SAP-Success-Factors.

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Ausblick – Talent Management als Fundament des Social Enterprise

Wenn Konzernlenker mit der Strategie eines „Social Enterprise“ ernst machen wollen, um Talent, Eigenverantwortung und Kreativität bestmöglich zu fördern und nutzbar zu machen, sind zwei Dinge von Nöten. So muss einerseits die Digitalisierung aller mitarbeiter-relevanten Prozesse nicht nur einfach und intelligent, sondern auch wertorientiert und demokratisch verfasst sein. Talent Management-Lösungen der neuen Generation sind hier eine elementare Grundlage. Andererseits muss klar sein, dass Firmenkultur nicht allein eine Frage der Software ist. Sondern immer beim Vorleben durch das Management und die Führungspersonen beginnt.

Dieser Beitrag ist der Dritte Teil einer Artikel-Reihe von Crisp Research. Teil 1 und Teil 2 finden Sie ebenfalls auf silicon.de.