Deutsche Software-Entwickler schlecht auf Cloud vorbereitet

Cloud Symbolbild

Nur in den wenigsten Fällen würden deutschen Softwarehersteller die technischen Möglichkeiten von Plattform-as-a-Service-Lösungen nutzen. Bislang waren es vor allem rechtliche Bedenken, die dazu geführt haben. Analysten von Crisp-Research sehen jetzt die Gefahr einer Konsolidierungswelle unter deutschen ISVs.

Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ist für die meisten deutschen ISVs der wichtigste Beweggrund für die Entwicklung von SaaS-Angeboten. Quelle: Crisp Research/Pironet NDH
Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ist für die meisten deutschen ISVs der wichtigste Beweggrund für die Entwicklung von SaaS-Angeboten. Quelle: Crisp Research/Pironet NDH

Etablierte Anbieter von traditionellen Softwarelösungen stehen vor einem Problem, weiß Steve Janata, Senior Analyst des Kassler Analystenhauses Crisp Research. So hätten es bislang die meisten der deutschen Softwarehersteller und ISVs (Independent Software Vendors) versäumt, sich strategisch auf das Cloud-Zeitalter vorzubereiten.

“Die Cloud wirkt derzeit wie eine Zentrifugalkraft, die für Gewinner und Verlierer in der deutschen Software-Landschaft sorgt”, so kommentiert Janata die Ergebnisse der empirischen Studie “Platform-as-a-Service – Zukunft der deutschen Software-Industrie?”

Für den Autor der Studie müssten die Anbieter jetzt den Spagat zu schaffen, Cloud Computing und die notwendigen Ressourcen sukzessive neben dem bestehenden Angebot aufzubauen. Nur so könne man “langfristig eine Co-Existenz von klassischem Softwarelizenzgeschäft sowie einer eigenen Cloud-Sparte zu etablieren.”

Laut Studie erwarten mehr als die Hälfte der ISVs einen Cloud-Anteil am Neugeschäft von 60 Prozent für die kommenden Jahre. Die notwendigen Technologien zum Aufbau einer Cloud-Anwendungslandschaft würden bereits seit einigen Jahren bestehen.

Tatsächlich genutzt hätten deutsche Softwarehersteller und ISVs diese PaaS (Platform-as-a-Service)-Lösungen aus Public-Cloud-Umgebungen jedoch nur in den wenigsten Fällen, berichtet Janata. Gründe hierfür sehen die Analysten vorwiegend in Datenschutzbedenken, da die meisten Umgebungen in den Rechenzentren US-amerikanischer Cloud-Anbieter betrieben werden.

“Seitdem Technologien wie OpenShift oder das Microsoft Azure Pack auch im hosted Modell von einem hiesigen Provider genutzt werden können, werden diese nun auch für deutsche ISVs interessant”, so Janata. So nutzen derzeit

Die Studie zeigt, dass neben der Etablierung neuer Business-Modelle vor allem die Nachfrage von den Anwendern bei den ISVs für den Schwenk in die Cloud verantwortlich ist. An dritter Stelle steht für ISVs der Zugang zu neuen Märkten. Die Cloud ist aber auch für die meisten ISV ein Wachstumsmarkt. So erwartet mit 18 Prozent nahezu jedes fünfte Unternehmen in den nächsten drei Jahren über 50 Prozent der Umsätze über Cloud-basierte Modelle zu erwirtschaften.

Knapp ein Viertel der Unternehmen will im gleichen Zeitraum zwischen 20 und 50 Prozent im SaaS-Modell umsetzen. Die Softwareanbieter arbeiten hier also auch mit einem erheblichen Erfolgsdruck. Die Studie zeigt aber auch, dass sich nahezu jeder Workload in die Cloud verschieben lässt.

Für Anwender ebenfalls interessant ist die Tatsache, dass sich durch die Cloud auch neue Preismodelle etablieren lassen. Neben volumenbasierten Modellen setzt sich immer mehr auch das Abonnement pro Nutzer und Monat durch, das auch bei Anwendern offenbar auf Zustimmung stößt. Dessen ungeachtet, wollen 26 Prozent der ISVs auch in der Cloud an angestammten Lizenzmodellen festhalten. Mit 65 Prozent wollen jedoch die meisten Anbieter die eingangs genannten Modelle verwenden. Kostenlose oder Werbefinanzierte Angebote plane jedoch nur eine kleine Minderheit der Anbieter.

Neuentwicklungen sind neben dem Betrieb von SaaS-Lösungen mit der größte Hemmschuh, um den riskanten Schritt in die Cloud zu wagen. Für die Entwicklung aber nutzen 65 Prozent Java, gefolgt von C# und C++ mit 62 beziehungsweise 61 Prozent. Visual Basic kommt bei 55 Prozent zum Einsatz und mit PHP arbeiten 48 Prozent der Anbieter. Bei den Entwicklerumgebungen haben Visual Studio und die Open-Source-IDE Eclipse deutlich die größten Marktanteile.

Für die Studie hat Crisp Research deutsche Softwarehersteller sämtlicher Größenordnungen befragt, die Anwendungen für die unterschiedlichsten Einsatzgebiete und Wirtschaftszweige entwickeln.

“Die jüngsten Marktentwicklungen zeigen deutlich, dass Softwarehersteller, die an ihrem althergebrachten Softwarelizenzgeschäft festhalten und den Paradigmenwechsel hin zur Nutzung von Anwendungen aus der Cloud ignorieren, nicht zukunftsfähig sind”, weiß Khaled Chaar, Managing Director bei Pironet NDH. “Aktuell verspüren wir daher eine sehr hohe Nachfrage nach PaaS-Lösungen aus unseren deutschen Rechenzentren. Zudem haben die Softwareanbieter großen Bedarf an Beratung und Unterstützung beim Schwenk ihres Geschäftsmodells in Richtung Cloud.”

Pironet NDH, eine Cancom-Tochter, hat die Studie beauftragt und diese kostenlos veröffentlicht. Pironet selbst unterhält ein eigenes Rechenzentrum und stellt darüber Cloud-Dienste und auch unternehmenskritische Anwendungen von SAP oder Microsoft bereit.