Britischer Geheimdienst GCHQ speicherte auch E-Mails von Journalisten

Hauptquartier GCHQ (Bild: GCHQ)

Sie befanden sich unter insgesamt 70.000 bei einem Testlauf binnen zehn Minuten abgegriffenen E-Mails und wurden offenbar aufgrund bestimmter Regeln durch die Werkzeuge des GCHQ gefiltert. Zu den betroffenen Medien gehörten BBC, Guardian, Le Monde, NBC, New York Times, Reuters, Sun und Washington Post.

Im Zuge seiner Internet-Überwachungsaktivitäten hat der britische Geheimdienst General Communications Headquarter (GCHQ) auch E-Mails von Journalisten der größten englischsprachigen Medien abgegriffen. Das geht aus neuen Unterlagen aus dem Fundus des Whistleblowers Edward Snowden hervor, die der britische Guardian analysiert hat.

Hauptquartier GCHQ (Bild: GCHQ)

Das GCHQ dürfte allerdings eher beiläufig an die Korrespondenz der Journalisten gelangt sein, immerhin befanden sie sich unter insgesamt 70.000 E-Mails, die der Geheimdienst pro Tag binnen 10 Minuten an einem Glasfaser-Backbone-Zugangspunkt abfing. Konkret handelte es sich dabei um einen zu Demonstrationszwecken durchgeführten Test des Überwachungssystems.

Die E-Mails wurden jedoch offenkundig aufgrund bestimmter Regeln durch diejenigen Werkzeuge des Geheimdienstes abgeschöpft, die relevante von nicht relevanten Inhalten trennen sollen. Dass in dem Kontext nicht ausschließlich nach Schlüsselwörtern, sondern auch nach Empfängern gesucht wurde, legt den Verdacht nahe, dass das GCHQ ebenso die an die Journalisten versendeten Pressemitteilungen (und somit Massenaussendungen) archivierte.

Andere E-Mails befassten sich dagegen mit durchaus vertraulichen redaktionellen Inhalten. Zu den betroffenen Medien gehörten BBC, Guardian, Le Monde, NBC, New York Times, Reuters, Sun und Washington Post. Die Dokumente lassen zudem wieder einmal die Vermutung zu, dass das GCHQ investigative Journalisten als Bedrohung einstuft – und zwar direkt hinter Terroristen und Hackergruppen.

In Großbritannien wird gegenwärtig ohnehin über die Pressefreiheit bedrohende Überwachungsmaßnahmen diskutiert. Unter Berufung auf das Gesetz Regulation of Investigatory Powers Act 2000 (Ripa) wurden zum Beispiel Telefonate des leitenden Politikredakteurs der Sun, Tom Newton-Dunn, ohne gerichtliche Anordnung belauscht. Gegen die Aktion protestierten über 100 führende britische Journalisten in einem offenen Brief an Premierminister David Cameron. Cameron selbst strebt derzeit allerdings noch weitergehende Überwachungsmöglichkeiten sowie ein Verschlüsselungsverbot von Online-Kommunikation an. Dies begründet er mit dem terroristischen Mordanschlag auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo.

Am Wochenende war durch Snowden-Unterlagen darüber hinaus bekannt geworden, dass das GCHQ iPhone-Tracking mit der Gerätenummer UDID über verschiedene Dienste hinweg betreiben konnte. Demnach war der Geheimdienst Stand November 2010 auch in der Lage, bei einer Synchronisierung mit einem kompromittierten Computer beliebige Daten von einem Apple-Smartphone zu stehlen.

[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]

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