GEMA: Keine Gebühren in Arztpraxen

GEMA-Gebühren bei Musik für wartende Pateienten. (Bild: Shutterstock)

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs ist nicht nur für Zahnärzte, sondern für alle Betreiber von Räumen mit wenig Publikumsverkehr interessant.

Der Bundesgerichtshof hat in einem Streit zwischen einem Zahnarzt und der Vergütungsgesellschaft GEMA entschieden (Aktenzeichen I ZR 14/14) und folgt damit der Argumentation des klagenden Zahnarztes, der sich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 15. März 2012 (Aktenzeichen C-135/10) beruft. Die wiederum legte die “Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft” (Artikel 8, Absatz 2) aus.

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Demnach setzt der Anspruch auf Vergütungen nach dem Urheberrecht voraus, dass “öffentliche Wiedergabe” grundsätzlich für eine unbestimmte Anzahl potenzieller Zuhörer oder Zuschauer stattfindet. Die Voraussetzung sah der EUGH nicht als erfüllt an, wenn ein Zahnarzt in seiner Praxis ein Radio für wartende Patienten aufstellt.

Der Zahnarzt und die GEMA hatten im August 2003 einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag geschlossen, demzufolge der Arzt für die Wiedergabe von Hörfunksendungen in seiner Praxis eine Vergütung zahlte. Das, so der BGH jetzt, war damals angesichts der herrschenden Rechtslage so auch richtig. Im Rahmen des Vertrags mussten rund zehn Euro pro Monat bezahlt werden.

Rechtslage hat sich aber durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. März 2012 (C-135/10) geändert. Davon hat der Zahnarzt offenbar einige Zeit später erfahren. Er kündigte den 2003 geschlossenen urheberrechtlichen Lizenzvertrag am 17. Dezember 2012 fristlos.

Die GEMA nahm die Kündigung nicht hin und klagte im Frühjahr 2013 gegen den Zahnarzt. Letzendlich erfolglos: Wie der BGH jetzt festgestellt hat, ist die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. März 2012 entfallen.

Leider bleiben auch nach dem Urteil einige Fragen offen, die auch in den vom BGH herangezogenen Gesetzestexten nicht beantwortet werden. Beispielsweise bleibt unklar, ab wie vielen Personen “Öffentlichkeit” denn nun beginnt. Eine Gaststätte fällt wahrscheinlich darunter, beim Ladenlokal einer Tankstelle ist es ungewiss. Ein normal großer Friseursalon, ein Café mit zwei oder drei Stehtischen oder ein kleineres Ladengeschäft wahrscheinlich nicht. Die könnten also zumindest eine Kündigung versuchen, falls sie einen Vertrag haben, oder sich jetzt überlegen, ob sie ihren Kunden ein bisschen Hintergrundmusik bieten wollen.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]