UCC-Spezialist Unify geht an Atos

Nach dem Serverhersteller Bull sichert sich Atos mit Unify ein weiteres Technologie-Unternehmen. Damit entwickelt sich Atos von einem Beratungsunternehmen von Kommunikationslösungen hin zu einem Anbieter.

Atos will Siemens Unified-Communications-Ausgründung Unify übernehmen. Neben dem Kaufpreis von 340 Millionen Euro bezahlt der französische IT-Dienstleister Pensionsverpflichtungen in Höhe von 200 Millionen Euro sowie Schulden in Höhe von 50 Millionen Euro.

Das 2013 aus dem Bereichs Siemens Enterprise Communications der Siemens-Telefonanlagensparte hervorgegangene Unternehmen Unify beschäftigt aktuell 5600 Mitarbeiter in über 60 Ländern, vor allem in Europa und Nordamerika und setzt dabei 1,2 Milliarden Euro um. An dem Joint Venture hält der Investor Gores Gruppe 51 Prozent, Siemens gehörten bislang die restlichen 49 Prozent.

Erfahrungen mit der Übergabe von Geschäftsbereichen an Atos hat Siemens bereits 2010 gemacht. Damals wurde Siemens IT Solutions and Services für eine Gesamtsumme von 850 Millionen Euro an das damals noch als Atos Origin aktive französische Unternehmen verkauft. Im Rahmen der Transaktion bekam Atos damals von Siemens auch einen Outsourcing-Vertrag für die nächsten sieben Jahre in Höhe von rund 5,5 Milliarden Euro.

Außerdem beteiligte sich Siemens mit einem Aktienanteil von 15 Prozent an Atos Origin. Diesen Anteil kann Siemens frühestens in den nächsten Monaten verkaufen, denn beim Vertragsabschluss im Dezember 2010, verpflichtete man sich, ihn mindesten fünf Jahre lang zu behalten. Vor wenigen Monaten hatte Atos zudem einen weiteren Outsurcing-Vertrag mit Siemens gesichert. Dabei sollen 100.000 Siemensmitarbeiter auf SAP HANA migriert werden.

Dem Verkauf von SIS fielen damals über 1700 Arbeitsplätze bei der Siemens-Sparte zum Opfer, davon rund 650 in Deutschland. Nach Angaben der Unternehmen waren vor allem Stellen in Verwaltungs- und Zentralfunktionen betroffen. Die Angebote von Atos Origin und Siemens IT Solutions and Services scheinen jedoch besser zueinander zu passen, als das jetzt beim Kauf von Unify den Anschein hat. Bisher hat Atos Kunden unter anderem herstellerunabhängige Beratungs- und Dienstleistungen im Bereich Netzwerk und Kommunikation sowie rund um den Bereich Adaptive Workplace angeboten. Letzteres wurde auch als Arbeitsplatz der Zukunft vermarktet und von Atos mit einer groß gestarteten Zero-E-Mail-Kampagne unterstützt – wobei allerdings nur die Abschaffung interner E-Mails gemeint war.

Genau da scheint sich aber Unify einzufügen. Seit der Ausgliederung aus dem Siemens-Konzern hat der Bereich nicht nur Umsatz und Belegschaft um jeweils rund zwei Drittel reduziert, sondern auch enorme Anstrengungen unternommen, um das allmählich absterbende, aber einst sehr lukrative Geschäft mit dem Verkauf und der Wartung von Telefonanlagen durch zukunfsträchtige Produkte zu ersetzen. Ergebnis ist eine von Grund auf neu entwickelte Plattform, die vor gut einem Jahr dann unter dem Namen Circuit auf den Markt gekommen ist. Sie integriert Telefonie, geht aber weit darüber hinaus und bietet eine umfassende und vielseitige Messaging- und Kollaborationsplattform für Firmen. Circuit setzt bereits auf WebRTC und unterstützt neben den direkten Kommunikationsmöglichkeiten auch eine kontextbezogene Suche sowie soziale Interaktion der Mitarbeiter und integriert andere, gängige Systeme wie Outlook in seine Anwendung und Benutzeroberfläche.

Nachdem Atos auch den französischen Serverhersteller Bull übernommen hat, scheint sich das ursprünglich auf Dienstleistungen spezialisierte Unternehmen nun auch vermehrt eigene Technologien sichern zu wollen.

Videokonferenz mit Circuit im Chrome Browser. (Screenshot: Unify)
Videokonferenz mit Circuit im Chrome Browser. (Screenshot: Unify)

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]