IBM-Forscher verbessern DRAM- und Flash-Alternative PCM

Phase Change Memory (Bild: IBM)

Erstmals gelang es Wissenschaftlern drei Datenbits pro Zelle in Phasenwechselspeicher (PCM) zuverlässig über längere Zeit nach dessen Programmierung abzulegen und zu erhalten. In PCM soll künftig etwa das Betriebssystem eines Mobiltelefons für das Hochfahren innerhalb von Sekunden gespeichert werden.

Wissenschaftler des IBM-Forschungslabors (IBM Research) in Rüschlikon bei Zürich haben einen wichtigen Erfolg bei der Entwicklung von schnellen, nichtflüchtigen Speichern auf der Basis von Phasenwechselspeichern (Phase Change Memory / PCM) erreicht. Nach eigenen Angaben schafften sie es erstmals, drei Datenbits pro PCM-Zelle (Triple Level Cell-PCM beziehungsweise TLC-PCM) zu speichern und zu erhalten.

Grundsätzlich weisen die sogenannten Phasenwechselmaterialien zwei stabile Zustände auf – eine amorphe und eine kristalline Phase mit tiefer beziehungsweise hoher elektrischer Leitfähigkeit. Um eine “1” oder eine “0” – also ein Bit – in einer PCM-Zelle zu speichern, wird ein hoher oder mittlerer elektrischer Strom an das Material angelegt. Durch entsprechende Programmierung kann die “0” in die amorphe Phase und die “1” in die kristalline Phase geschrieben werden oder umgekehrt. Das Auslesen des Bits erfolgt dann durch die Erkennung des Widerstandes anhand des Anlegens eines schwachen Stromflusses. Dieses Verfahren liegt laut IBM Research auch den wiederbeschreibbaren Blu-Ray-Disks zu Grunde.

Die Wissenschaftler von IBM und anderen Institutionen haben das beschriebene Funktionsprinzip auch schon für die Speicherung von einem und zwei Bits pro Zelle in PCM demonstriert. Aus Anlass des IEEE International Memory Workshop wollen die IBM-Forscher nun erstmals die Speicherung von drei Bits pro Zelle in einer Anordnung aus 64.000 Zellen sowie einer Ausdauerbelastung von einer Million Zyklen zeigen.

Phase Change Memory (Bild: IBM)
Erstmals gelang es Forschern von IBM, drei Datenbits pro PCM-Zelle über einen längeren Zeitraum zuverlässig zu speichern und zu erhalten (Bild: IBM).

“Phase Change Memory ist die erste Realisierung eines universellen Speichers mit Eigenschaften sowohl von DRAM als auch Flash. Damit antwortet die Technologie auf eine der zentralen Herausforderungen unserer Industrie”, erklärt Haris Pozidis, einer der Autoren und Manager der Non-Volatile-Memory-Forschungsgruppe bei IBM Research in Zürich, in einer Pressemitteilung. “Die Fähigkeit, drei Bits pro Zelle zu speichern, ist ein wichtiger Meilenstein für PCM, denn bei dieser Speicherdichte liegen die Kosten für PCM deutlich unter denen von DRAM und viel näher an denen von Flash”, führt Pozidis weiter aus.

Um mehrere Bits pro Zelle speichern zu können, haben die IBM-Forscher eigenen Angaben zufolge mehrere neuartige Technologien entwickelt. Darunter befinden sich verschiedene Verfahren zur Messung des Zellzustandes, die gegen den sogenannten Drift – also die schleichende Veränderung der Stabilität der elektrischen Leitfähigkeit der Zelle – immun sind. Die neuen Verfahren zur Messung des Zellzustandes sollen eine physikalische Eigenschaft der PCM-Zelle erfassen, die keiner Veränderung im Laufe der Zeit und somit auch keiner Veränderung durch Drift unterliegt.

Um die in einer Zelle gespeicherten Daten gegenüber Temperaturschwankungen der Umgebung robuster zu machen, soll ein ebenfalls neuartiges Kodierungs- und Detektionsverfahren zum Einsatz kommen. Dieses passt die Schwellwerte, die verwendet werden, um die in der Zelle gespeicherten Informationen zu erkennen, dergestalt an, dass die Werte den Veränderungen durch die Temperaturschwankungen folgen. Auf diese Weise soll sich der Zellzustand auch noch lange Zeit nach der Programmierung des Speichers zuverlässig auslesen lassen. Der Speicher ist somit also nichtflüchtig.

“Dank dieser Fortschritte lassen sich die großen Herausforderungen der Mehrbit-PCM-Speicherung wie Drift, Variabilität, Empfindlichkeit auf Temperaturschwankungen und Belastbarkeit durch Schreibzyklen erfolgreich meistern”, erklärt Evangelos Eleftheriou, IBM Fellow und Leiter der Abteilung Cloud & Computing Infrastructure.

Die IBM-Forscher verwendeten für ihr Experiment einen Multi-Bit-PCM-Chip, der mit einer integrierten Standard-Leiterplatte verbunden war. Der Chip besteht aus einer Anordnung von zwei mal zwei Millionen Zellen, die in vier Bereiche unterteilt sind und auf die nacheinander durch die Systemarchitektur zugegriffen wird. Die Speichereinheit selbst ist 2 mal 1000 μm mal 800 μm groß. Die PCM-Zellen basieren auf einer dotierten Chalkogenid-Legierung und wurden auf einem Prototyp-Chip in 90nm-CMOS-Baseline-Technologie integriert, der als Charakterisierungsplattform dient.

Prinzipiell können sich die IBM-Forscher PCM sowohl als eigenständigen Speicher als auch in Kombination mit Flash für Anwendungen vorstellen, in denen die Technologie als “extrem schneller Cache-Speicher” dient. So soll sich künftig beispielsweise das Betriebssystem eines Mobiltelefons in PCM speichern lassen, um dieses innerhalb von Sekunden hochfahren zu können. Unternehmen könnten ihre Datenbanken in PCM speichern, um Abfragen für zeitkritische Online-Anwendungen wie Finanztransaktionen deutlich zu beschleunigen.

Als weitere Einsatzbereichen nennen die Forscher die Verwendung von PCM in Komponenten im Internet der Dinge respektive in der Industrie 4.0 sowie in hochwertigen Cloud-Speichern für Firmen. Als nichtflüchtiger Speicher und als universelle Speichertechnologie biete PCM im Allgemeinen eine “attraktive Kombination aus Lese- und Schreibgeschwindigkeit sowie Haltbarkeit und Speicherdichte”.

Die IBM-Forscher erklären ihren Fortschritt bei der Entwicklung von Phasenwechselspeichern auch in einem Video bei Youtube.