Brexit führt voraussichtlich zum Fachkräfte-Exodus

Flagge von Großbritannien (Bild: Deutsche Messe AG)

Bereits jetzt planen 600.000 Briten aufgrund des erwarteten EU-Austritts Großbritanniens, den Job zu wechseln. Mit Abstand das attraktivste Auswanderungsland scheint Deutschland zu sein. Von deutschen Fachkräften, die aktuell für ihren Arbeitgeber in UK im Einsatz sind, bereiten bereits fast 40 Prozent einen Jobwechsel vor.

Der EU-Austritt Großbritanniens hat voraussichtlich auch erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Einerseits könnten viele in Niedriglohnbereichen beschäftigte Personen aus den östlichen Mitgliedsländern der EU das Land verlassen und damit für einen Engpass zum Beispiel im Pflegebereich sorgen, andererseits sehen offenbar auch hochqualifizierte Fachkräfte nach einem Brexit anderswo bessere Chancen. Das zumindest geht aus einer aktuellen Umfrage der Online-Jobbörse StepStone hervor.

“Ein Drittel der hochqualifizierten Briten kann sich vorstellen, ihre berufliche Laufbahn in einem anderen EU-Land fortzusetzen. 600.000 Briten planen bereits konkret, den Job zu wechseln“, fasst Sebastian Dettmers, Geschäftsführer bei StepStone.de, die Ergebnisse zusammen. Mit Abstand das attraktivste Zielland ist dabei Deutschland. “Damit hat der Brexit das Potenzial, den Fachkräftemangel in Deutschland zu lindern. Unternehmen in Deutschland können von einer Zuwanderung und einer Stärkung des Standorts profitieren”, so Dettmers in einer Mitteilung.

Einer Umfrage von StepStone zufolge kann sich nach dem Brexit ein Drittel der hochqualifizierten Briten vorstellen, ihre Karriere in einem anderen EU-Land fortzusetzen. 600.000 Briten planen bereits konkret einen Jobwechsel. (Grafik: StepStone)
Einer Umfrage von StepStone zufolge kann sich nach dem Brexit ein Drittel der hochqualifizierten Briten vorstellen, ihre Karriere in einem anderen EU-Land fortzusetzen. 600.000 Briten planen bereits konkret einen Jobwechsel. (Grafik: StepStone)

Die Ergebnisse der StepStone-Umfrage werden im Wesentlichen von Zahlen unterstützt, die Mitbewerber Monster bereits vergangene Woche vorgelegt hat. Dabei handelte es sich um eine Auswertung der Zugriffe auf Stellenangebote. Aus Großbritannien wurde demnach in der Zeit vor und nach dem Referendum signifikant häufiger auf Jobs in Deutschland zugriffen als gewöhnlich: Schon in der Woche vor dem Referendum kletterte der Wert um gut 30 Prozent, in der Woche danach sogar um 44 Prozent.

Immer mehr britische Bürger interessieren sich aufgrund des Brexits für Jobs in Deutschland, wie eine Analyse der Zugriffsdaten auf monster.de zeigt. (Bild: monster.de)
Immer mehr britische Bürger interessieren sich aufgrund des Brexits für Jobs in Deutschland, wie eine Analyse der Zugriffsdaten auf monster.de zeigt. (Bild: monster.de)

Zweithäufiges Ziel der britischen Fachkräfte war bei Monster Irland. Bei der StepStone-Umfrage, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, liegt Irland als Zielland erst auf Rang 5, hinter Deutschland, Frankreich Spanien und den Niederlanden. Eine Erklärung für die Popularität von Irland könnte neben der Hoffnung, keine neue Sprache lernen zu müssen, auch sein, dass nun viele Iren, die in Großbritannien arbeiten, über eine Rückkehr in ihr Heimatland nachdenken.

Das würde zum Gesamtbild passen, denn in der StepStone-Umfrage zeigte sich, dass die Wechselabsicht besonders bei Expatriates, also deutschen Fachkräften, die derzeit für ihren Arbeitgeber im Vereinigten Königreich im Einsatz sind, groß ist. Von ihnen kann sich über die Hälfte vorstellen, das Land zu verlassen. Fast 40 Prozent der Befragten, die dieser Gruppe angehören, bereiten bereits einen Jobwechsel vor.

Umfrage

Welche Auswirkungen hätte Ihrer Ansicht nach der Brexit auf die IT-Branche? (Mehrfachantworten möglich)

Ergebnisse

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Fachkräfte mit britischem Pass gehen mehrheitlich davon aus, dass der Brexit ihrer Karriere eher schadet. 41 Prozent erwarten, dass sich dadurch ihre Jobchancen verschlechtern, 34 Prozent fürchten Einbußen beim Gehalt.

49 Prozent glauben zudem, dass der Ausstieg aus der EU negative Folgen für die britische Wirtschaft hat. Bei Schotten (52 Prozent) und Nordiren (60 Prozent) liegen die Werte noch etwas höher. Ein Drittel der Befragten geht davon aus, dass ihr Arbeitgeber dadurch Nachteile hat.

StepStone-Manager Dettmers empfiehlt daher: “Personalentscheider in Deutschland sollten die erhöhte Wechselbereitschaft britischer Fachkräfte für eine gezielte Kandidatenansprache nutzen.” Jetzt sei mehr denn je die Zeit, Stellenanzeigen auch auf Englisch zu verfassen und auf Jobbörsen in UK und Nordirland zu platzieren.