SAP BW/4HANA: SAP bindet Business Warehouse enger an HANA

SAP Hauptquartier (Bild: SAP AG / Stephan Daub)

Die jetzt vorgestellte Version BW/4HANA läuft nur noch auf der In-Memory-Datenbank aus Walldorf. Für die Business Suite hatte der Konzern den Schritt bereits im vergangenen Jahr vollzogen. Anbieter anderer Datenbanken haben es bei SAP-Kunden damit immer schwerer.

SAP hat eine neue Version seiner Business Warehouse Software vorgestellt. Sie wird von SAP als Managed-Cloud-Service sowie zunächst auch über Amazon Web Services angeboten. Das Unternehmen ist auch schon SAP-Partner bei der vergleichbaren, ebenfalls ganz auf HANA ausgerichteten Business Suite, die seit vergangenem Jahr angeboten wird. Allerdings plant SAP auch andere Cloud-Anbieter ins Boot zu holen.

Mit BW/4HANA macht SAP einen weiteren wichtigen Schritt, um seine über lange Jahre selbst entwickelte, gehegt und gepflegt In-Memory-Datenbanktechnologie HANA künftig noch besser für sich zu nutzen. Für die Kunden werden die damit erzielbaren Performanc-Gewinne in den Vordergrund gestellt. Durchaus zu Recht, denn die sind zum Teil beachtlich. Für SAP ist HANA aber auch deshalb von enormer Bedeutung, weil es damit Kunden noch enger an sich binden und unliebsamen Wettbewerbern – allen voran Oracle – eins auswischen kann.

Denn mit den “4/HANA”-Versionen seiner Software bietet SAP eine Komplettpaket aus Datenbank und Applikationssoftware an. Sie laufen nur auf HANA – nicht mehr wie früher auch auf HANA. Kunden, die SAP auf diesem Weg folgen, werden daher früher oder später andere Datenbanken – vielfach sicher Oracle – ablösen.

SAP versichert auch jetzt noch, dass man für Business Warehouse weiterhin unterschiedliche Datenbanken unterstützen wird. Das war dem Konzern schon 2103 wichtig, als er die Business Suite erstmals auch auf HANA anbieten konnte. Hasso Plattner erklärt damals, dass “SAP die guten Beziehungen zu den Datenbank-Anbietern nicht abbrechen will.” Aber klar ist auch, dass über kurz oder lang die mit HANA möglichen und die nur mit HANA verfügbaren Funktionen zunehmen und die Vorteile immer größer werden.

Ein abrupter Schwenk ist hier den Kunden nicht zumutbar. Allerdings allmählich immer mehr kleine Gewichte in die Waagschale zu werfen, so dass die sich dann schließlich deutlich zugunsten von HANA neigt, kann SAP keiner verbieten und verdenken. Schon zur Markteinführung der Business Suite auf HANA erklärten die damaligen SAP-Manager Jim Hageman Snabe und Vishal Sikka 2013, wie das funktionieren kann. Mit HANA könnten Geschäftsprozesse in Echtzeit abgewickelt werden, da Transaktionen und operative Analysen auf einer, übrigens auch für Drittanwendungen, offenen In-Memory-Plattform zusammengefasst werden.

Außerdem reduziere HANA auch die Komplexität. Denn häufig seien komplexe IT-Unternehmenslandschaften das Ergebnis von Batch-Prozessen oder anderen technischen Beschränkungen. Unternehmen könnten über die In-Memory-Technologie daher auch Code-Zeilen und weitere Ressourcen einsparen. Vishal Sikka, damals Technologie-Vorstand bei SAP, lag die Stärke der Technologie in der Kombination “von transaktionalen und analytischen Systemen”. Das bringe erhebliches Optimierungspotienzial für die Unternehmen mit sich.

SAP kann eigenen Angaben zufolge derzeit auf 15.000 Unternehmen verweisen, die seine Business Warehouse Software nutzen. Davon setzen laut SAP derzeit 3700 auch HANA ein. “Wir gehen angesichts der großen installierten Basis von einem raschen Zuwachs für BW/4HANA aus”, sagte SAP-Manager Ken Tsai bei der Vorstellung gegenüber Journalisten. Die Adaption will er zudem noch durch “aggressive Promotionaktionen” für Kunden attraktiv machen. Wie die genau aussehen werden, soll bekannt gegeben werden, sobald BW/4HANA allgemein verfügbar ist. Das soll am 7. September der Fall sein.

Daten (Shutterstock/BeeBright).

SAP BW/4HANA soll dann auch “nahtlos” mit der SAP BusinessObjects Cloud zusammenspielen, über die dann unter anderem Visualisierung möglich ist. Außerdem ist SAP BW/4HANA für die Nutzung mit dem SAP Digital Boardroom vorbereitet. Weitere Funktionen sind ein Unified Data Load Management, automatische Datenpartitionierung, eine überarbeitete Benutzeroberfläche sowie der Zugriff auf Daten aus anderen Quellen, entweder älteren Systemen oder in einem sogenannten Data Lake.

Dafür kommt das im März freigegeben SAP HANA Vora zum Einsatz. Dadurch beansprucht SAP für BW/4HANA auch einen erheblich geringeren Bedarf an Datenbewegungen und wesentlich weniger Bedarf an Datenduplizierungen. Zusätzlich sollen Streaming-Daten und Sensor-Daten im Bereich Internet der Dinge genutzt werden könne. Die gesamte SAP-Strategie in dem Bereich wird in dem silicon.de-Beitrag “SAP setzt auch bei IoT auf die HANA Cloud Platform” ausführlich dargelegt.

Mehrere Beobachter haben allerdings bereits bezweifelt, ob SAPs Strategie, HANA, also die Datenbank, zur Grundlage aller Produkte und zur Allzweckwaffe im Kampf gegen die Mitbewerber zu machen, der bestmögliche Weg ist. Die Skeptiker führen mehrere Gründe an.

SAP HANA Vora (Grafik: SAP)
Das im März vorgestellte SAP HANA Vora kommt auch bei SAP BW/4HANA zum Einsatz(Grafik: SAP)

Erstens mag HANA für das Business Warehouse tatsächlich erhebliche Geschwindigkeitsvorteile bringen und mögen die an der Stelle auch sinnvoll und wertvoll sein. An anderer Stelle ist der Nutzen aber zumindest weniger offensichtlich, etwa bei der Business Suite oder bei den Lösungen für das Supply Chain Management. Und viele, von CRM bis zu den jüngst hinzugekauften Cloud-Angeboten wie Concur, Success Factors oder Fieldglass profitieren überhaupt nicht davon.

Zweitens hat Hauptkonkurrent Oracle seit der Markteinführung der Database 12c auch In-Memory-Technologie im Programm. Für viele Kunden stellt sich daher schon die Frage, ob sie den Datenbank wechseln sollen. Dies gilt umso mehr, wenn es nicht darauf ankommt, die letzten paar Prozent an Leistung herauszukitzeln. Das schränkt dann den Kreis an Interessenten, die HANA unbedingt haben müssen, doch erheblich ein. Und viele andere werden sich etwa aus Kostengründen oder um eine zu große Abhängigkeit zu vermeiden überlegen, ob sie, wenn sie schon wechseln, nicht doch eine der zahlreichen und immer leistungsfähigeren Open-Source-Alternativen einsetzen sollen.

Drittens werden sich wahrscheinlich manche Kunden mit einiger Verwunderung an die Zeiten erinnern, in denen SAP selbst noch predigte, wie wichtig es sei, dass Datenbank und Applikationen unabhängig voneinander sind. Die “HANA-sierung” des SAP-Portfolios bedeutet da eine komplette Kehrtwende. Sobald sie vollzogen ist, wird man sich zudem dann regelmäßig fragen, ob SAP bestimmte Funktionen und Anforderungen tatsächlich einbaut, um die Leistung zu steigern oder ob sie nicht nur dazu dienen, Wettbewerber im Datenbankbereich auszuschließen. Darüber müssen sich aber Kunden aller Voraussicht nach keine Gedanken machen: Sobald die Oracle-Rechtsabteilung auch nur den geringsten Anlass haben wird das anzunehmen, beschäftigt sie sich ganz sicher ausführlich mit dem Thema.

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