Broadcom übernimmt Brocade für 5,5 Milliarden Dollar

Wie es scheint ist der inzwischen koreanische Halbleiterspezialist Broadcom vor allem an Halbleitertechnologien aus dem Brocade-Portfolio interessiert. Der Networking-Bereich dagegen soll schnell wieder veräußert werden, um Konkurrenzsituationen mit den Abnehmern von Broadcom-Chips zu vermeiden.

Broadcom übernimmt Brocade Communcations Systems für 5,5 Milliarden Dollar. Hinzu kommen rund 400 Millionen Dollar Schulden, die der Käufer mit tragen muss. Damit summiert sich das Übernahmeangebot auf 5,9 Milliarden Dollar, das sind etwa 5,3 Milliarden Euro. Damit will Broadcom vor allem das eigene Chip-Business ausweiten. Broadcom will 12,75 Dollar für jede Brocade-Aktie bezahlen, was einem Plus von 47 Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom Freitag entspricht. Das Unternehmen will den Deal im nächsten Jahr abschließen. Dass kartellrechtliche Einwände dem entgegenstehen, scheint wenig wahrscheinlich.

Broadcom, das sich in der Vergangenheit immer wieder mit großen und ambitionierten Übernahmen hervorgetan hat, will aber große Teile des Brocade-Protfolios gleich wieder verkaufen, wie das Unternehmen mitteilt. Damit will der Chip-Hersteller einen Interessenskonflikt mit anderen Storage- udn Netzwerk-Herstellern vermeiden, die Geräte mit Broadcom-Halbleitern ausstatten.

broadcom

“Diese strategische Akquisition verbessert Broadcoms Position als einer der führenden Anbieter von Enterprise-Storage-Connectivity-Lösungen für OEM-Kunden”, kommentiert Hock Tan, President und CEO von Broadcom. Mit den jetzt zugekauften Technologien sollen die wachsenden Ansprüche der Kunden besser bedient werden können. “Darüber hinaus sind wir sehr zuversichtlich, dass wir eine großartige neue Heimat für das wertvolle IP-Networking-Business von Brocade finden werden.”

Broadcom kann mit dem Brocade-Chips aber die eigene Abhängigkeit vom Geschäft mit Chipd für den Mobilbereich reduzieren. Dieser Markt ist häufig starken Schwankungen ausgesetzt und hat zuletzt immer mehr an Fahrt verloren. Ein prominenter Broadcom-Kunde ist unter anderem Apple, das im zurückliegenden Quartal immerhin 2,5 Millionen iPhones weniger als im Vorjahreszeitraum verkauft hat.

Brocade 1200

Im Februar hatte die südkoreanische Avago Technologies Ltd. die Übernahme von Broadcom für 37 Milliarden Dollar abgeschlossen und sich dann selbst in Broadcom umgetauft. Bis zum Kauf von NXP Semiconductors durch Qualcomm war das der bis dahin größte Zukauf in der Halbleiterindustrie.

Broadcom hat 2014 bereits LSI übernommen und anschließend Unternehmensbereiche an Intel und Seagate verkauft. Broadcom, dessen Kerngeschäft Netzwerkchips für Storage-Systeme und Switches sind, beliefert Hersteller wie Cisco und HPE.

Und auch bei der Übernahme des vor allem für Storage-Systeme bekannten Brocade wird diese Strategie verfolgt. Brocade, bislang bekannt für Netzwerk-Lösungen undStorage-Produkte, hat vor allem Stärken im Fibre Channel SAN und bei Ethernet-Switches. Hier konkurriert Brocade mit Herstellern wie Cisco, Dell, Enterasys, Extrem Networks, Juniper, Avaya, Alcatel-Lucent und HPE. Beim Fibre Channel SAN ist Cisco einer der größten Konkurrenten. Viele der genannten Unternehmen verbauen jedoch Broadcom-Komponenten in ihren Produkten.

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Daher wird das südkoreanische Unternehmen auch diese Bereiche wieder abstoßen. Dazu zählt unter anderem auch Ruckus Wireless, ein Spezialisten für Wi-Fi-Geräte. Brocade hatte dieses Unternehmen erst im April für 1,2 Milliarden Dollar übernommen und die Übernahme vor kurzem abgeschlossen.

Behalten will Broadcom aber die jüngsten Entwicklungen von Brocade, das zuletzt auch in Netzwerkhalbleiter und Lösungen für Software-defined Networking investiert hat. Als mögliche Interessenten für Brocades Ethernet-Business werden Arista, Cisco und Juniper gesehen. Wie Jess Lubert, Analyst bei Wells Fargo kommentiert, könnte der Plan, das IP-Network-Business von Brocade wieder zu verkaufen dafür sorgen, dass die großen Hersteller ihre Sourcing-Strategie nicht zu ändern brauchen. Brocade ist in vielen Bereichen nicht der Marktführer und muss auch mit rückläufigen Zahlen im Bereich Fibre Channel Switches kämpfen.