Google kämpft gegen unliebsame Top-Suchergebnisse

Suche (Bild: Shutterstock)

Auf eine durch Artikel im britischen Guardian ausgelöste Diskussion über Spitzenpositionen für unangemessene Suchergebnisse bei brisanten Themen hat Google mit einer Änderung seines Algorithmus reagiert. Experten bezweifeln, ob das der richtige Weg ist und verteidigen Google gegen die Vorwürfe.

Guardian-Autorin Carole Cadwalladr hat in den vergangenen Tagen heftige Kritik an Google geübt. Sie hatte auf bestimmte Suchanfragen in der Suchmaschine des Konzerns politisch nicht korrekte Sites als Top-Treffer gefunden. Die Anfragen ließen sich von anderen Beobachtern nachvollziehen und riefen vor allem in Großbritannien und den USA einen Sturm der Entrüstung hervor.

Insbesondere eine Suchanfrage zum Thema Holocaust bewegte die Gemüter, da dafür die Seite einer “Stormfront” genannten Gruppe am besten gerankt wurde. Aber auch die Anfrage “are black people smart” brachte in “Googles Knowledge Box” in Großbritannien als “featured Snippet” zuerst das Ergebnis “Blacks Are the Least Intelligent Race of All”. Auch damit trat Google also gehörig ins Fettnäpfchen.

Google Hauptsitz in Mountain View. (Bild: Google)

Cadwalladr warf Google daher vor, Hetzparolen zu verbreiten. Der Konzern beeilte sich, diesen Vorwurf zurückzuweisen, und bat um etwas Zeit, um die Ursachen zu erforschen und eine allgemein gültige Änderungsmöglichkeit zu finden. Erste Änderungen wurden dann kurz vor Weihnachten umgesetzt. Einige Beobachter vermuteten, Google habe dafür bei beanstandeten Suchanfragen manuell eingegriffen und versuche lediglich die Gemüter zu beruhigen.

Der als ausgewiesener SEO-Experte bekannte Danny Sullivan von SearchEngineLand bezweifelte das jedoch, da es schlichtweg töricht wäre. Google habe ja im Vorfeld um einige Tage Zeit gebeten, um eine Lösung zu präsentieren und müsse wissen, dass sich Cadwalladr und die durch ihre Beichte aufgescheuchte Öffentlichkeit nicht mit einigen kosmetischen Änderungen zufrieden geben.

Zudem müsse Google einen Bumerang-Effekt befürchten, wenn herauskommt, dass es die Öffentlichkeit habe täuschen wollen. Und das sei im Falle eines PR-gesteuerten Betrugsversuchs sehr wahrscheinlich, da nun nicht nur Cadwalladr, sondern auch andere Interessierte fleißig nach Beispielen für das Versagen Googles suchen würden. Laut Sullivan deuten die mehrfachen Veränderungen in den Top-Suchergebnissen der beanstandeten Suchanfragen auch darauf hin, dass tatsächlich Änderungen vorgenommen wurden.

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Eine manuelle Korrektur hätte ja stattdessen sofort das “richtige” Ergebnis gebracht. Außerdem wurde die “Stormfront”-Site auch nicht komplett von Google gesperrt. Sie erscheint nun lediglich nicht mehr auf der ersten Seite der Suchergebnisse. Auch die Tatsache, dass ein Artikel zum Thema zwischenzeitlich auf Platz eins der Suchergebnisse lag, freute Sullivan zwar und belegt sein Know-how in dem Bereich, zeigt aber auch, dass Google es mit seinen Änderungen nicht sofort geschafft hatte, den Aspekt “Relevanz” als ausschlaggebendes Kriterium in die Bewertung einfließen zu lassen. Offenbar wurde eine Änderung vorgenommen, die dann aber anschließend im Feld noch feingetunt.

Bei den angezeigten Ergebnissen handelt es sich übrigens nicht um News. Das Thema ist mit dem derzeit vieldiskutierten Fake-News-Problem also nur entfernt verwandt. Cadwalladr hatte Google vielmehr vorgeworfen, in seinen Suchergebnissen latent politisch rechtsgerichtete Positionen zu bevorzugen.

Die Frage definiert die Antwort

Den Vorwurf hält Sullivan aber für überzogen und möglicherweise durch Cadwalladrs Position auf der anderen Seite des politischen Spektrums zu verortende Position bedingt. Er führt als Gegenbeispiel eine Suche nach der genetischen Unterlegenheit Weißer an, die prompt als Top-Suchergebnis eine Site liefert, die Weiße als “nicht vollständig oder nicht normal entwickelte, aus Inzucht hervorgegangene Albino-Mutanten schwarzer Afrikaner” definiert. Seiner Ansicht nach ist das “Problem” eher das im Vergleich zu anderen Suchanfragen in dem jeweiligen Sinnzusammenhang geringe Häufigkeit der von Cadwalladr und den anderen Kritikern gestellten Suchanfragen.

Oder anders gesagt: Otto Normalverbraucher fragt Google anders, wenn er etwas zu dem Thema wiesen will, als die Kritiker. Das führt dazu, dass im Allgemeinen häufig gesuchte und aufgerufene Sites bei der speziellen Suchanfrage ein schlechteres Ranking aufweisen als ansonsten eher selten besuchte und schlecht gefundene Sites. Oder noch einmal anders formuliert: Die Suchanfragen waren so gestellt, dass Google “merkwürdige” Ergebnisse liefern musste. So zumindest eine der wesentlichen Annahmen von Sullivan, der aber auch mögliche weitere Faktoren, etwa die höhere “Click-through-rate” der “spezielleren” Sites als mögliche Ursache ins Feld führt.

Das schlimmste kommt erst noch

Seine zweite Annahme, dass Änderungen am Algorithmus für Nutzer außerhalb der USA und Großbritanniens noch nicht oder nur teilweise sichtbar sind, konnte ein kurzer Test von silicon.de untermauern. Auch die Vermutung, dass ähnliche Phänomene – also das erstaunliche gute Ranking dem überwiegenden gesellschaftlichen Konsens in kontroversen Fragen zuwiderlaufender Sites – bei anderen Fragen und in anderen Sprachen auftreten, konnte durch einige wenige Versuche erhärtet werden.

Es ist also damit zu rechnen, dass in den kommenden Monaten zahllose Vertreter diverser Gruppierungen sich zu Wort melden und ein Ende der Diskriminierung durch die Top-Treffer bei bestimmten Google-Suchanfragen fordern. Das wiederum oder auch schon der Versuch im Vorfeld, das zu verhindern, wird dazu führen, dass Google sich weiterhin verstärkt um ein “Feintuning” seines Algorithmus bemüht. Und das wiederum könnte auch dazu führen, dass ganz harmlose Website-Betreiber oder Online-Händler sich mit seltsamen Ausschlägen oder Einbrüchen in ihren Abrufzahlen konfrontiert sehen. Sozusagen als Kollateralschaden der Bemühungen von Google um politisch korrektes Verhalten.