IBM stellt SCM-Angebot Emptoris ein und verweist Nutzer an SAP Ariba

E-Commerce (Bild: Shutterstock/cybrain)

Die beiden Firmen haben die Verknüpfung von SAP Leonardo mit IBM Watson angekündigt. Ein Ergebnis soll ein Cognitive Procurement Hub sein. Die IBM-eigene Lösung Emptoris fällt der Partnerschaft zum Opfer, Nutzer werden an SAP Ariba verwiesen.

SAP respektive seine Sparte SAP Ariba und IBM haben eine globale Strategiepartnerschaft angekündigt. In deren Rahmen wollen die beiden Unternehmen Cognitive-Procurement-Lösungen entwickeln, um den Einkauf zu automatisieren und durch Techniken aus dem Bereich künstliche Intelligenz effektiver zu machen.

Dazu wird IBM seine Watson-Technologien und SAP seinen Leonardo-Ansatz einbringen. “Gestützt auf SAP Leonardo, IBM Watson und SAP Ariba sollen die Erkenntnisse aus Einkaufsdaten mit den prädiktiven Informationen aus unstrukturierten Informationen gekoppelt werden, um die Entscheidungsqualität bei Lieferanten-, Vertrags- und Einkaufsmanagement zu verbessern”, teilen die Partner mit. IBM Global Business Services werde Unternehmen Beratung und Services offerieren, um die gemeinsam mit SAP Ariba erarbeiteten Angebote zu entwickeln, zu implementieren und zu betreiben.

In einem Nebensatz in der Pressemitteilung wird dann auch das Aus für IBM Emptoris bestätigt: “In enger Zusammenarbeit mit SAP Ariba wird IBM zudem seinen Neu- und Altkunden inklusive den Anwendern von IBM Emptoris die Nutzung der SAP-Ariba-Plattform ermöglichen, wo ihnen umfassende Funktionen und vielfältige Source-to-Settle-Angebote zur Verfügung stehen.”

Mit Emptoris lässt sich nicht nur die Beschaffung von Waren, sondern auch von Dienstleistungen steuern, verwalten udn automatisieren (Screenshot: IBM)
Mit Emptoris lässt sich nicht nur die Beschaffung von Waren, sondern auch von Dienstleistungen steuern, verwalten udn automatisieren (Screenshot: IBM)

Emptoris stammt von der gleichnamigen Firma mit Sitz in Burlington, im US-Bundesstaat Massachusetts, die IBM im Februar 2012 übernommen hatte. Offiziell wurde damals kein Preis genannt, Beobachter spekulierten damals über rund 600 Millionen Dollar. Der hätte sogar höher sein können, schließlich konnte Emptoris damals auf über 700 Mitarbeiter in zahlreichen Ländern und eine solide Kundenbasis in nahezu allen Branchen verweisen. Zu den über 350 Anwenderunternehmen der sowohl On-Premise als auch in der Cloud angebotenen Emptoris-Plattform gehörten etwa American Express, Automatic Data Processing (ADP), Kraft Foods und Samsung America. Allerdings gab es wohl Patentstreitigkeiten mit Ariba, die den Wert von Emptoris drückten. Und auch der zweigleisige Ansatz von Emptoris wurde von Analysten damals als weniger zukunftsträchtig respektive profitabel erachtet, als reine Cloud-Ansätze.

Auf jeden Fall lag der Preis deutlich unter den 4,3 Milliarden, die nur wenige Monate später SAP für Ariba ausgegeben hat. Die Transaktion wurde nach ausführlicher Prüfung durch die Kartellbehörden dann doch noch 2012 genehmigt und allgemein als geschickter Schachzug gesehen, mit dem sich SAP im Wettbewerb mit Oracle wichtige Vorteile verschafft habe.

Das aktuelle, in weiten Teilen auf der Emptoris-Übernahme basierende IBM-Portfolio an Procurement-Software (Screenshot: silicon.de)
Das aktuelle, in weiten Teilen auf der Emptoris-Übernahme basierende IBM-Portfolio an Procurement-Software (Screenshot: silicon.de)

Emptoris sollte bei IBM den bereits einige Jahre zuvor ins Leben gerufenen Bereich “Smarter Commerce” voranbringen. In dem Umfeld machte IBM damals einen “Markt mit einem Volumen von 20 Milliarden Dollar alleine bei Software” aus. Davon, dass sich IBM ein wesentliches Stück dieses Kuchens gesichert hätte, hat man dann jedoch nichts mehr gehört.

Nun steht ein neuer Anlauf bevor. SAP Ariba und IBM wollen gemeinsam einen Cognitive Procurement Hub schaffen. Über den wollen sie die Entwicklung “intelligenter Beschaffungslösungen und -services fördern”. Details dazu wurden noch nicht genannt, es geht aber wohl auch um die Integration neuer Technologien, unter anderem Blockchain. Zumindest wurde die in der Ankündigung ausdrücklich genannt.

Ein mit IBM Watson Services kombinierter digitaler Assistent soll zum Beispiel auf Basis von Warenkategorie, Region oder Branche helfen, geeignete Lieferanten zu ermitteln sowie Markt und Preisentwicklungen beobachten. Für die Vertragsvergabe sollen SAP Leonardo und IBM Watson “automatisch relevante, auf juristische Textsammlungen und Taxonomien abgestimmte Vertragsbedingungen identifizieren, auf Basis von Benchmarking-Daten ähnliche Vertragsbedingungen für bestimmte Waren nach Branche oder Region ermitteln und optimale Preisziele vorschlagen, die Volumenplanungen und Rabattvereinbarungen berücksichtigen.” Zudem sollen sich Vertragsbedingungen automatisiert auffinden lassen, um so auch in komplexen Procurement-Szenarien Compliance gewährleisten zu können.

Alex Atzberger, Präsident von SAP Ariba (Bild: SAP)
Alex Atzberger, Präsident von SAP Ariba (Bild: SAP)

“Mit der tiefen horizontalen Integration der bewährten SAP-Ariba-Plattform und der innovativen Funktionalität von SAP Leonardo und IBM Watson, hinter der die ganze Erfahrung der beiden renommiertesten Vertreter der Branche steht, lässt sich nun ein noch smarterer Source-to-Settle-Prozess realisieren, in dem die Unternehmen ausnahmslos alle wertschöpfenden Ausgabenkategorien effizient managen können“”, verspricht Alex Atzberger, Präsident von SAP Ariba.

Jesus Mantas, General Manager Cognitive Process Transformation bei IBM Global Business Services, fügt hinzu: „Wir haben eine Cognitive-Procurement-Plattform entwickelt, die speziell darauf trainiert ist Beschaffungstransaktionen und unstrukturierte Daten wie Wetterinformationen, atypische Teilenummern in Vertragstexten und komplexe Preisstrukturen zu verstehen.“ In Kombination mit den Fähigkeiten von SAP Ariba, IBM Watson und der IBM Cloud wolle man jetzt die bisherige Standards für die Beschaffungsperformance sprengen und gemeinsamen Kunden „beispiellosen Mehrwert“ bieten. Die Frage, warum man das nicht bereits mit der hauseigenen Emptoris-Plattform getan hat, ließ der Manager offen.