Stefan Pfeiffer

ist Marketing Lead Social Business Europe bei IBM Deutschland und nennt sich selbst "Schreiberling aus Passion".

CEO-Studie: Führen durch Vernetzung

Noch bevor die deutsche Version veröffentlicht wird, hat silicon.de-Blogger Stefan Pfeiffer einen Blick auf die neueste CEO-Studie von IBM geworfen. Sein Fazit: Die Tage der hierarchischer Befehls- und Kontrollorganisationen sind gezählt.

Die Vision des sozialen Zeitalters ist auch bei den CEOs angekommen. Das ist für mich die wichtigste Erkenntnis der IBM CEO Studie, die unter dem Titel ‘Leading through Connections’ dieser Tage erschienen ist. Die deutschsprachige Version folgt dieser Tage. In dieser Studie wurden 1.700 CEO’s weltweit befragt, wie sie auf die Herausforderungen der vernetzten Welt reagieren wollen. Die Unternehmensführer haben erkannt, dass sich in der vernetzten Welt die Art und Weise, wie sich Leute engagieren fundamental verändert hat. Dies ist der Grund, warum Technologie an die Spitze der externen Einflussfaktoren geklettert ist, die Unternehmen in den kommenden drei bis fünf Jahren verändern.

Die deutliche Mehrzahl der CEOs wollen darauf reagieren, indem sie eine offenere und kollaborative Kultur pflegen, die Mitarbeiter ermutigt, sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und so Veränderungen voran zu treiben. Kollaboration, die Fähigkeit mit anderen konstruktiv zusammen zu arbeiten, ist für 75 Prozent der CEOs eine kritische Fähigkeit ihrer Mitarbeiter. Diese Betonung von Offenheit und Kollaboration ist bei marktführenden Unternehmen noch höher. Wie wird ein CEO aus Argentinien in der Studie zitiert: “To connect with the new generation of employees, we will need to change communication methods. We are the e-mail generation; they are the social network generation.”

In der Studie wird deutlich, dass dies vor allem eine kulturelle Herausforderung ist. Transparenz und Offenheit passen nicht zu althergebrachter hierarchischer Befehls- und Kontrollorganisation. Es gilt die Balance zu finden, denn natürlich gibt es Sicherheitsbedenken und CEOs wollen (und müssen) eine gewisse Kontrolle behalten. Jedoch verändert sich dramatisch, wie und was kontrolliert wird und kontrolliert werden kann. Das Thema ‘Bring Your Own Device’ ist für mich ebenso ein Beispiel wie der Zugang zu sozialen Kanälen am Arbeitsplatz. Die Zeit der platten Verbote ist vorbei. Stattdessen geht es darum, die Risiken dieser Technologien zu beherrschen und die Mitarbeiter auszubilden, so dass sie risikobewusst sind und handeln. Denn wie kann man soziale Kanäle verbieten, wenn die Hälfte der CEOs erwartet, dass genau diese Kanäle in den kommenden fünf Jahren der Weg sein wird, mit Kunden zu kommunizieren?

Das hört sich alles (meiner Ansicht nach) sehr gut an, jedoch muss klar sein, dass dies auch neue An- und Herausforderungen an die Mitarbeiter stellt. Die CEOs suchen Mitarbeiter, die zu ständiger Veränderung bereit sind, die latent dazu lernen, sich vernetzen und sich immer wieder selbst erfinden. Wer solche Mitarbeiter will, muss ein Unternehmen auf gemeinsamen Werten und einer Vision aufbauen. Und diese Werte können aus meiner Sicht (man verzeihe mir diese Bemerkung) sicher nicht kurzfristige Profitmaximierung, ständige Kosteneinsparung und Kontrolletti-Mentalität sein. Offene Unternehmenskultur braucht ebenso offene Kommunikationskultur, Vertrauen, Motivation und Anerkennung. Social Software, besser ein sozialer Layer, der überall verfügbar ist, ist die technologische Schicht, die die offene Kommunikation fördert, vom neuen sozialen betrieblichen Vorschlagswesen über gemeinsame Ideenfindung und -bewertung bis zur Expertensuche.

Eine solche kollaborative und offene Struktur ist notwendig, um mit Innovatoren im Unternehmen, aber auch außerhalb der Organisation zusammen zu arbeiten. Gerade die marktführenden Organisationen nutzen intensiv Partnerschaften, um Innovation zu treiben. Hier kommen künftig kollaborative Werkzeuge und Methoden zum Einsatz, die Unternehmensgrenzen überspannen und die Weisheit der Massen (oder der Vordenker) sinnvoll anzapfen. Soziale Technologien und mobile Endgeräte verändern derzeit radikal die Art und Weise, wie Unternehmen mit Kunden und Partnern kommunizieren. Wir befinden uns meiner Ansicht nach ganz eindeutig auf dem Weg zum Social Business, das transparent, beweglich und engagiert ist.

Das wird auch an anderer Stelle deutlich: CEOs wollen in Analysetools investieren, um mit ihren Kunden in einen individuellen Dialog eintreten zu können. Mehr als 70 Prozent der CEOs suchen nach Wegen, den einzelnen Kunden besser zu verstehen, zu profilieren und darauf basierend schneller reagieren zu können. Die Zeit des SPAM-Marketings, der Massenmails sollte demnach durch einen individualiserten Dialog abgelöst werden, der auf einer Tiefenanalyse der Kundendaten basiert. Schöne neue Welt, wenn es wirklich gelänge, endlich auf Kunden zu hören und ihre Bedürfnisse besser zu befriedigen.

Natürlich fokussieren die CEOs nicht aus reiner Freundlichkeit auf diese Trends. Sie erwarten durch bessere Kollaboration und Offenheit, durch ein tieferes Kundenverständnis und Pflege von Partnerschaften ein besseres betriebswirtschaftliches Ergebnis. Jedoch glaube ich, dass diese Trends uns allen grosse Chancen bieten: Chancen für die Kunden, denen hoffentlich künftig besser zugehört wird, und Chancen für die Mitarbeiter, denen die Arbeit in einer offenen, durch Innovation geprägten Kultur einfach mehr Spass machen sollte.

Dieser Beitrag und meine Interpretationen repräsentieren meine Meinung und nicht die meines Arbeitgebers IBM.

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  1. Ich hoffe, dass Herr Pfeiffer mit seiner Interpretation richtig liegt. Die Politik ist offensichtlich nicht in der Lage hier als Regulativ zu dienen. Es wäre schön und am einfachsten, wenn die Unternehmensführer in allen Unternehmen soziale Verantwortung übernehmen.