Winfried Holz

Winfried Holz ist Chief Executive Officer (CEO) von Atos Deutschland. In zahlreichen Gremien engagiert er sich für den IT- und Wirtschaftsstandort Deutschland.

DevOps – im Prinzip ja, aber nicht jetzt!

Systeme müssen schnell, flexibel, stabil und sicher sein. Dieser Quadratur des Kreises kann nur mit neuen Ansätzen begegnet werden und DevOps ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.

Die digitale Transformation wälzt nicht wenige Geschäftsmodelle massiv um: Während wir vor zehn Jahren langsam lernten „zu googlen“, erleben wir seit einigen Monaten eine „uberization“. Neben meiner Bewunderung für die Marketing-Strategien der US-Unternehmen, die es schaffen, ihren Unternehmensnamen mit einem Phänomen der technologischen Entwicklung zu verbinden, nehme ich davon eines mit: Unternehmen wie Uber oder Airbnb zeigen, wie sich Geschäftsmodelle von unerwarteter Seite angreifen lassen – ob sie dabei immer erfolgreich sein werden, hängt von der Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft der „traditionellen“ Player der jeweiligen Branchen ab. Sich nicht zu bewegen ist also der größte Wettbewerber.

Die Informationstechnologie spielt dabei die zentrale Rolle: Immer größere Datenmengen werden in Unternehmen ausgewertet und möglichst vielen Kunden auf ihren Endgeräten bereitgestellt – die Verfügbarkeit und Aktualität der passgenauen Informationen ist der neue Geschäftswert.

Dadurch wachsen die Anforderungen an die IT-Abteilungen der Unternehmen und Verwaltungen extrem, denn Anwendungen werden in immer kürzeren Fristen entwickelt und verändert. Das bedeutet einen hohen Druck für die Entwickler und ist ein Horror für die Verantwortlichen des IT-Betriebs. Diese beiden Bereiche müssen ihre Zusammenarbeit auf eine neue Basis stellen: DevOps heißt das Zauberwort.

In vielen IT-Organisationen sind die Ziele der Entwickler nicht mit den Zielen der Betreiber der IT-Infrastruktur vereinbar. Die Leistung der Entwickler wird nach der Menge der neuen Anwendungen oder Features bemessen, die Leistung im IT-Betrieb nach möglichst geringen Ausfallzeiten. Verkürzt formuliert: Die eine Seite hat ein großes Interesse an schneller Bereitstellung von neuen Lösungen, die andere Seite dagegen möchte möglichst selten in den laufenden Betrieb eingreifen. Keine gute Voraussetzung für einen schnellen digitalen Wandel im Sinne des jeweiligen Unternehmens.

DevOps – die Kombination aus Development und Operation – ist eine Lösung für das Problem. Nach diesem Konzept arbeiten beide Bereiche projektorientiert enger zusammen, führen Anwendungstests schneller und passgenauer durch und konzentrieren sich auf Routinen und Templates. Hierdurch rückt das Projektziel wieder in den Fokus. Statt sich auf die mittlere Betriebszeit – mean time between failure – zu konzentrieren kann bei Devops Ansätzen beispielsweise die mittlere Reparaturzeit – mean time to recover – als Ziel vormuliert werden.

Die Analysten von PAC haben eine der ersten intensiven Untersuchungen zum Thema DevOps in Deutschland durchgeführt und kommen zu einem ebenso interessanten wie banalen Ergebnis. Die Mehrheit der befragten IT-Verantwortlichen sieht die Ziele des DevOps-Ansatzes grundsätzlich als richtig an – in ihrer eigenen Organisation sehen sie allerdings außerhalb von Problemfällen und Krisen kaum Handlungsbedarf.

Gleichzeitig sagen die Befragten, dass der Innovationsdruck auf die IT immer weiter steigt, dass mobile Apps, soziale Medien und Big Data-Analysen in die Entwicklung eingebunden werden müssen.

Agile Software-Entwicklung aus der Sicht von CA. (Bild: CA)
Agile Software-Entwicklung aus der Sicht von CA. (Bild: CA)

Aus diesen Ergebnissen kann man eine Grundposition der deutschen IT-Verantwortlichen zum Thema DevOps herauslesen, nämlich: „im Prinzip ja, aber nicht jetzt“. Das ist eine gefährliche Einstellung. Diese Haltung kommt dem klassischen Argumentationsbeispiel gefährlich nahe – dass wir keine Zeit haben, einen Schäferzaun zu bauen, da wir doch dauernd dabei sind, die Schafe einzufangen.

Es ist richtig, dass DevOps ein relativ neuer Ansatz ist und es noch nicht ausreichend Best Practices gibt, auf die sich IT-Verantwortliche stützen können. Es ist also noch viel Pionier-Arbeit zu leisten, was auch die PAC-Studie belegt: Fast 70 Prozent der Befragten sagen, dass sie kein ausreichendes Know-how in der Organisation haben. Hier müssen wir über Mitarbeiter-Schulungen und besonders über Projektarbeit ansetzen und Erfahrungen aufbauen.

Die Entwicklungsgeschwindigkeit wird zweifelsohne durch die digitale Transformation der Wirtschaft immer mehr zunehmen. Dieser Druck landet – mal wieder – bei der IT-Organisation. Die Systeme müssen schnell, flexibel, stabil und sicher sein. Dieser Quadratur des Kreises können wir nur mit neuen Ansätzen begegnen und DevOps ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Denn – wie eingangs erwähnt – ist Nichts-tun der größte Wettbewerber.