Dr. Michael Pauly

ist Senior Consultant bei T-Systems. Gerne betrachtet er IT-Trends durch die Brille eines Non-Digital-Native.

Geschäftskritische Inseln

Eine Cloud-Computing-Projekt ist ideal, um mit den Herausforderungen zu wachsen, heißt es in der Regel. Auch silicon.de-Blogger Michael Pauly findet das einleuchtend und will klein anfangen – jetzt braucht er nur noch eine Applikation, die nicht geschäftskritisch ist.

Kennen Sie das? Sobald es um den Einsatz von Cloud Computing in Unternehmen geht, dann kommt oft der gut gemeinte Rat zuerst einmal im Kleinen und dann auch nur bei nicht geschäftskritischen Anwendungen zu starten. Die ersten Erfahrungen damit zu sammeln, um diese dann beim großen Cloud-Wurf – sozusagen dem Big Switch – einfließen zu lassen. Das hört sich doch vernünftig an, oder?

Klein zu starten und dann (mit den Herausforderungen) zu wachsen, dafür bietet sich gerade Cloud Computing an. Genau so will ich starten. Jetzt brauche ich nur noch eine Applikation, die nicht geschäftskritisch ist. Wen frage ich hierzu denn am besten? Die Fachabteilungen, die ganz nah an den Anwendungen und an den operativen Prozessen sind, die IT-Abteilung, die zurzeit alles betreibt oder vielleicht doch das Management, das den Überblick über alle Unternehmensprozesse haben sollte?

Wenn ich mir die Beteiligten so anschaue, dann kann ich doch eigentlich nur eine gute Einschätzung bekommen, wenn ich alle befrage, oder? Denn auch hier kann es den (vielleicht theoretischen) Fall geben, dass jede Anwendung für sich gesehen zwar notwendig, jedoch nicht geschäftskritisch ist. In der Gesamtheit oder besser gesagt im gesamten Zusammenspiel aller Einzelteile gesehen, kann mein Unternehmen jedoch nicht mehr darauf verzichten.

Das bringt mich auf den Gedanken, vielleicht in der IT-Abteilung zu starten. Diese sollte einen Überblick haben, welche Systeme miteinander reden und was wie zusammenarbeitet. Kombiniert man diese Informationen, dann mit dem jeweiligen operativem Fachwissen und dem Blick für das große (Prozess-)Ganze, dann sollte das schon passen. Nichts leichter als das, werden einige von Ihnen sagen. Dann bemühe ich nur die gute alte CMDB und schon habe ich alles, was ich brauche. Nicht ganz! Denn hier ist mehr als nur eine Liste von Systemen oder eine Auflistung von Software gefragt. Das Wissen, das hierzu notwendig ist, ist heute meist noch in den Köpfen der (IT-)Mitarbeiter.

Sie sehen, angefangen bei den ersten Überlegungen, über Test, bis hin zur Einführung von Cloud Computing, kommt den IT-Abteilungen in den Unternehmen eine wichtige Schlüsselfunktion zu. Diese hat wenig mit den bisherigen Aufgaben wie die Installation und die Betreuung von einzelnen Anwendungen zu tun. Vielmehr liegt das Hauptaugenmerk auf dem aktuellen IT-Picture, welches im Unternehmen vorhanden ist.

Mein Fazit: Cloud Computing verbindet. Cloud Computing ist übergreifend. Cloud Computing verändert. Das wird hier sehr deutlich sichtbar, wenn es “nur” um die Bewertung einer Applikation geht, ob diese geschäftskritisch ist oder nicht. Hier sind alle Beteiligten gefragt. Und sie sollten auch noch miteinander reden ;-). Nur so kommen dann nicht nur die “richtigen” Anwendungen in die Cloud, sondern es erfolgt auch eine enge Verzahnung mit den Prozessen und somit mit dem Business. Denn Cloud Computing im Unternehmen ist keine Insel und darf es auch nicht sein. Nicht einmal, wenn die Anwendung wirklich “unkritisch” ist.

Ihr Michael Pauly