Jörg Mecke

ist Bereichsleiter Cloud Plattformen beim herstellerunabhängigen IT System- und Beratungshaus FRITZ & MACZIOL. Ein anderer Blickwinkel auf die Dinge ist bei ihm an der Tagesordnung.

Selbst der Bessere wird (wohl) nicht gewinnen…

Die kürzlich erschienenen IT-Trends 2012 der Marktforschungsgröße Gartner weisen im Bereich der Virtualisierung auf etwas hin, was kein Softwarehersteller gerne hören möchte: Die eigene Vision wird wahrscheinlich nicht wahr. Silicon.de-Blogger Jörg Mecke fragt sich, welche Folgen das für die Psyche der Beteiligten hat.

Es ist erst wenige Wochen her, dass David Cappuccio, VP und Chef des Infrastruktur Research Bereichs von Gartner die zehn IT-Trends für das Jahr 2012 in Orlando vorstellte.

Es waren alles in allem nachvollziehbare Annahmen und wenig Neues, was er dem geneigten Publikum des Gartner-Symposiums vorstellte. Bis auf eine, die mich in ihrer klaren Aussage doch sehr überraschte. Ein “Hingucker”, ein Punkt der sich zum Nachdenken lohnt: Die Evolution der Virtualisierung. Cappuccio weist zunächst darauf hin, dass immer mehr Unternehmer IT durch die Virtualisierung wie ein eigenes Business behandeln. Soweit so gut. Gefährlich würde es dann aber für diejenigen werden, die der Vision eines einzelnen Virtualisierungsherstellers folgten. Es sei unwahrscheinlich, dass sich auch nur eine der Visionen als technologieführend durchsetzen würde. Cappuccio empfiehlt daher jedem IT-Manager, seine eigene, herstellerunabhängige Vision der Architektur zu entwickeln und sie auf Basis eines kontinuierlich überdachten strategischen Plans aufzubauen.

Einfache Worte und zugleich ein Paukenschlag: Investieren gerade die drei großen Anbieter Citrix, Microsoft und VMware (in alphabetischer Reihenfolge) doch zig Millionen in Forschung und Entwicklung, bauen Produkt-Roadmaps und feilen an ihren Lösungen für Virtualisierung, Management und Cloud. Die Agenda ist für alle klar gesetzt: Es geht um weit mehr als nur den größten Marktanteil, es geht ihnen um den Cloud-Standard der Zukunft. Ihre Vision soll sich als der eine Weg durchsetzen. Für David Cappuccio ist dies aber “Wunschdenken”. Sie sind Konkurrenten, versuchen sich voneinander abzuheben und erzählen dabei ganz verschiedene Geschichten. Diese sind so verschieden, dass man meinen mag, es gäbe gar keine Technologiekonkurrenz. Alle drei haben ihre Geschichten in sehr erfolgreiche Video-Clips gepackt (Citrix, Microsoft, VMware) und stark vereinfacht gehen sie so:

  • Citrix stellt den Benutzer in den Mittelpunkt. Er soll sich wohlfühlen, bekommt es durch eine Konvergenz der Bereitstellungswege so, wie und wo er es braucht.
  • Besonders wichtig für Microsoft ist das einheitliche und gewohnte Management durch eine Produktsuite, die die Verwaltung nicht nur vollständig abdeckt, sondern auch noch preiswert ist.
  • VMware setzt auf die Skalierbarkeit und Stärke des Hypervisors im Datacenter, auf Hochverfügbarkeit und Ressourcennutzung.

Legt man diese drei Wege übereinander, wird klar, dass die Überlappung in der Praxis sehr viel größer ist, als es die drei Marketing-Stories vermitteln. Die Verantwortlichen in den Unternehmen und Behörden müssen den für sich richtigen Weg erkennen, der fernab ist vom Marketing mit seinen blumigen Geschichten. Alles kann sich niemand leisten und insofern sind es immer Fallentscheidungen. Ich stimme daher mit David Cappuccio völlig überein. Liebe IT-Manager, liebe CIOs, fahrt Eure eigene Strategie, frei von Dogmen und Vorurteilen. Es gibt nicht die EINE Universallösung, die in jeder Situation einen Anspruch auf Vollständigkeit, Interoperabilität und Wirtschaftlichkeit hat.

Insofern bleibt nur eins: Vergleichen, eine gute Beratung nutzen und dann richtig einsetzen. Nicht selten ist auch die Kombination der verschiedenen Herstelleransätze optimal. Möge die beste Lösung gewinnen! Auch im Jahre 2012. Danke für den klaren Hinweis, Herr Cappuccio.