Business Process Management: Das kann keiner richtig

Es wäre schön, wenn die IT mit der Dynamik von Geschäftsprozessen Schritt halten könnte – doch bis zum echten Business Process Management ist es ein langer Weg.

Es wäre doch schön, wenn die IT mit der Dynamik von Geschäftsprozessen Schritt halten könnte, wenn sich Prozesskomponenten in IT-Modulen spiegelten, so dass ein Druck aufs virtuelle Knöpfchen Fehlentwicklungen korrigieren könnte. Business Process Management (BPM), vor allem mit den Bestandteilen Business Performance und Business Activity Management (BAM), verheißt solche Lösungen. Am Ende entsteht ein Prozessleitstand, der den Benutzern ermöglicht, neue Abläufe zu definieren, zu implementieren, zu kontrollieren, zu messen, zu analysieren und zu optimieren. Nur gibt es rund 400 Produkte, die unter der Flagge BPM segeln. Längst nicht jedes ist für die Umsetzung eines solchen Konzepts geeignet.

Pascal Miserez, CEO des Schweizer Beratungshauses Itheca, hat sein Dream-Team gefunden: ‘Top-Ease’ von der Pulinco AG für die Modellierung und Simulation von Geschäftsprozessen und die Suite des Anbieters von Tools für Enterprise Application Integration (EAI) Seebeyond. Außerdem gehören in seine persönliche Auswahl die Hersteller Popkin Software, Intalio und Inforay. In jedem Fall aber benötigt ein Anwenderunternehmen heute mehr als ein Werkzeug, um den gesamten BPM-Kreislauf abzudecken.

Am Anfang und am Ende steht ein Modell

Das dürfte den Kunden gefallen, denn Analysten jeglicher Couleur predigen: Wer seine Prozesse in den Griff bekommt, hat die Nase vorn. Was erwarten Kunden, die BPM-Projekte aufsetzen? Laut Gartner 38 Prozent von ihnen Kostenersparnis, 15 Prozent wollen mit ihren Produkten schneller am Markt sein, 18 Prozent Qualitätssteigerungen, und 4 Prozent initiieren ein solches Vorhaben aus Compliance-Gründen.

Der BPM-Kreislauf lässt sich mit der Definition von Prozessen beginnen. Im Sinne von BPM ist darunter jedoch keine Dokumentation im üblichen Sinne zu verstehen, die mehr oder minder im Regal verstaubt. Vielmehr dienen die Prozessbeschreibungen der Instruktion, denn sie geben Mitarbeitern und Maschinen den Ablauf vor, zum Beispiel für einen Order-to-Cash-Prozess.

In der Regel entstehen aus den Beschreibungen Geschäftsprozessmodelle. Entsprechende Tools verfügen über einen grafischen Editor, mit dem sich die Prozesse bildhaft darstellen lassen. Einer der stärksten Anbieter ist in beiden BPM-Segmenten IDS Scheer mit seinem ‘Aris’-Toolset. Zu den Kunden der Saarbrücker gehören die FMS Bank und deren Mutterkonzern Hypovereinsbank, sowie die Deka-Bank. Diese wollen die identifizierten Prozesse mit Hilfe der Werkzeuge dokumentieren.

Doch das entpuppe sich als diffiziler als anzunehmen wäre, beklagt Norbert Eiglsperger, Leiter IT-Management bei der FMS Bank und Herr über mehr als 1000 Rechenzentrumssysteme. Zwar gebe es bereits eine riesige Menge an Dokumentationen, doch ausschließlich für die Computer-gestützten Schritte. Zudem fehle die Verbindung von Geschäftsmodellen zu den technischen. Dazu komme, dass Banken ihre Geschäftsprozesse pro Segment betrachteten, der bankfachliche Gesamtprozess somit lückenhaft dokumentiert sei. Insbesondere fehlten Schnittstellenbeschreibungen.

Vom Management zum System

Tatsächlich kämpft nicht nur Eiglsperger mit den Übergängen zur Technik. Elke Jung, die bei der Hypovereinsbank (HVB) im Bereich Organisation, Prozess- und IT-Management die IT-Architektur und Strategie gestaltet, möchte aus den Aris-Modellen möglichst via Business Process Execution Language (BPEL) direkt IT-Modelle ableiten können. Hinter dem Akronym verbirgt sich ein Webservices-Standard zur Modellierung von Workflows, mit dem sich in WSDL (Web Service Description Language) modellierte Webservices zu komplexen Prozessen kombinieren lassen. “Hier geht es um die durchgängige Dokumentation – vom Geschäftsprozess bis zur Implementierung.” Das würde erlauben, Änderungen schneller umzusetzen. Nur das Codieren von Anwendungen bliebe als Individualaufgabe erhalten. Umgekehrt aber könnten Eingriffe in die technischen Abläufe in übergeordneten Vorgängen sichtbar werden. “Die Effektivität”, sagt Jung, “würde erheblich steigen.”

Mit dieser Idee steht Jung nicht allein. Auch Erik Schade, Gruppenleiter EAI-Middleware-Systeme bei der Deka-Bank beschäftigt sich mit diesem Problem. Zwar setzt er auf die Zusammenarbeit mit Webmethods und die HVB auf IBM und vielleicht auf Bea Systems, doch ist die Intention die gleiche.

Rainer Bartsch, Senior AE Consultant Systemintegration & Development bei der Itellium Systems & Services GmbH, weiß noch nicht so recht, ob er den Einsatz des ‘Business Performance Manager’ (Aris PPM) vor sich und der Unternehmensleitung rechtfertigen kann. Er ist sich der Überwachungsfunktionen des Tools nicht sicher. Auch für ihn wäre die Entscheidung für Aris eine strategische.

Nach Angaben des Herstellers ermöglicht Aris PPM ein Messen der internen und externen Prozessleistung auf der Grundlage historischer und organisatorischer Kennzahlen. Das Werkzeug generiert automatisch ereignisorientierte Prozessketten, so genannte EPKs. Das soll ein schnelleres Aufdecken von Schwachstellen und dadurch ein zeitnahes Gegensteuern ermöglichen.