Bringt ‘Poulson’ Itanium aus der Nische?

Mit acht Prozessorkernen und 54 MByte Speicher auf dem Chip verbessert Intel Sicherheit und Performance des Mainframe-Chips Itanium. Der in 32 Nanometer gefertigte Hochsicherheits-Chip erbt zudem einige Technologien, die Intel bereits beim Xeon eingeführt hat.

Die neuen Details hat Intel auf der “International Solid-State Circuits Conference” (ISSCC) in San Francisco vorgestellt. Unter dem Codenamen ‘Poulson’ wird Intel irgendwann im Laufe des Jahres den neuen Mainframe-Chip auf den Markt bringen. Allerdings nannte Intel noch keinen konkreten Termin für die Veröffentlichung.

Das neue Modell ist mit den Vorgängern und auch mit dem Xeon Pin-kompatibel. Wenn auch der Itanium sich dem Xeon immer mehr angleicht oder vielmehr der Xeon dem Itanium immer ähnlicher wird, so unterscheiden sich die beiden Prozessoren dennoch sehr stark bei den Einsatzgebieten.

“Der Itanium kommt vor allem bei Mission-Critical-Anwendungen, wie Datenbanken oder ERP-Systemen zum Einsatz”, so Nathaniel Martinez, Program Director bei IDC im Gespräch mit silicon.de. Dabei seien es vor allem die RAS-Funktionen – also alles rund um Verlässlichkeit, Verfügbarkeit und Management – die Anwender den Itanium wählen lassen. Martinez bestätigt, dass sich Xeon und Itanium mit jeder Neuauflage ähnlicher würden. Für ihn ist es jedoch in absehbarer Zeit nicht vorstellbar, dass Intel eines Tages den Itanium zugunsten des Xeons aufgeben wird. Zu groß seien nach wie vor die Unterschiede zwischen den beiden Architekturen.

Mehr Verlässlichkeit und Sicherheit bringt Poulson. Vom Xeon erbt der neue Itanium vor allem mehr Leistung. Quelle: Intel
Mehr Verlässlichkeit und Sicherheit bringt Poulson. Vom Xeon erbt der neue Itanium vor allem mehr Leistung. Quelle: Intel

Mit dem Itanium zielt Intel auf den Unix-Mainframe-Markt ab, während Xeon-Modelle für Workstations und Server mit Windows, Solaris oder Linux gedacht sind. Rory M. McInerney, Vizepräsident von Intels Architecture Group und Direktor der Microprocessor Development Group, sagt, der neue Itanium werde der erste Allzweck-Prozessor sein, der mit 3,1 Milliarden Transistoren ausgestattet sei. Die Ausführungsbandbreite werde von 6 auf 12 erhöht.

Der Hersteller gehe derzeit jedoch nicht davon aus, dass Kunden Anwendungen neu kompilieren müssten. “Der Übergang wird nahtlos sein.” Wie auf dem Xeon, würden auf dem Itanium “alle unternehmenskritischen Anwendungen” laufen. McInerney beschränkte sich auf die Aussage “Wir sind zufrieden mit dem, was wir erreicht haben, und mit der Qualität unseres Halbleiters.” Durch die Pin-Kompatibilität aber ist HP in der Lage, sehr schnell Server mit der neuen CPU auszurüsten.

Der Unix-Markt schrumpft seit einigen Jahren. Doch davon, dass es eines Tages keine Unix- oder EPIC-Server oder auch Mainframes mehr geben wird, will in der Industrie eigentlich niemand sprechen. So sind in diesem Bereich die Update-Zyklen deutlich langsamer als bei den Arbeitstieren aus der x86-Welt. Nach wie vor ist dieser Bereich für die Hersteller interessant, weil er eben auch mit niedrigen Stückzahlen hohe Umsätze zulässt.

Forrester-Analyst Richard Fichera erklärt in seinem Blog zu Poulson: “Wir haben von Intel bei weitem nicht alle Details mitgeteilt bekommen, doch zeichnen diese Informationen das Bild eines kompetenten Produktes, das das Feuer im Highend-UNIX-System-Markt am Brennen hält.” Nachdem IBM mit dem Power 7 ins Rennen gegangen ist, haben auch Oracle und Fujitsu ihre Kooperation um die SPARC-Architektur aufgefrischt.

Der IDC-Experte Martinez sieht in den Ankündigungen – und vor allem in der Ankündigung Intels – das ernsthafte Bemühen, in diesem Markt weiterhin mitmischen zu können. HP ist der letzte verbleibende große Hersteller mit Itanium-Servern im Angebot. Und auf HP werde es nun ankommen, so Martinez, die neuen Funktionen auch über das Betriebssystem nutzbar zu machen. Ein wichtiges neues Feature sei vor allem der niedrigere Stromverbrauch.

Der kommt unter anderem dadurch zustande, dass Intel das neue Upgrade gleich im 32-Nanometer-Prozess fertigen wird. Intel hat damit auf dem Weg von 65 Nanometer eine Generation mit 45 Nanometer Strukturbreite übersprungen. Und so passen auch all die 3,1 Milliarden Transistoren – das ist bislang industrieweit einmalig – auf einen Prozessor.

Wie die aktuellen Itanium 9300, werden die meisten Itanium wohl in HP-UX und NonStop-Servern verkauft werden. Intel ist mit Zahlen zu Itanium-Stückzahlen eher zurückhaltend, doch IDC schätzt, dass in Westeuropa rund 59.000 Itanium-Server installiert sind.

Aber wird Poulson die Positionierung des Itaniums signifikant verändern? “Vermutlich nicht”, wie Forrester-Analyst Fichera erklärt. “Poulson ist eine gute Nachricht für alle Anwender von HP-UX und NonStop-Kunden, aber nicht so sehr für den Rest der Industrie.” Mit der nächsten Revision des Itaniums allerdings bekommen die Anwender pro Socket eine Leistungssteigerung um den Faktor 1,5 oder 2. Das könnte auch den einen oder anderen Neukunden auf den Itanium bringen. Andererseits wird bis dahin wohl auch die aktuelle Westmere-CPU mit 32 Nanometern verfügbar sein, die ein deutlich besseres Preis-Perfomance-Verhältnis bietet und mit zehn Kernen in der ersten Jahreshälfte erwartet wird. Fichera geht davon aus, dass Poulson innerhalb der nächsten zwölf Monate auf den Markt kommt.