Bildungsfernsehen

Schön war’s damals, das Fernsehen! Als Kind hat man deshalb auch immer davon geträumt, einmal einen ganz spannenden Beruf zu ergreifen und dann von Robert Lembke eingeladen zu werden.

Letzteres wäre heute allerdings eine eher unangenehme Vorstellung: Der Gong ertönt. Und für die Zuschauer wird “Wissenschaftsjournalist” eingeblendet. Ein Raunen geht durch’s Studio. Aber das ist halt die Bezeichnung für einen, der über Computer schreibt – und aus aktuellem Anlass gerade über die “Bundesliga” der Hochschulen.

So nennt der Vorsitzende des Wissenschaftsrats Professor Peter Strohschneider die Konkurrenz der Universitäten im Rahmen der “Exzellenzinitiative”. Und er kann sich in dieser Richtung noch sehr viel mehr vorstellen: Nach jeder Fördersaison sollen Unis ab- und andere in die Spitzenliga aufsteigen.

Das begeistert den Mittelalter-Philologen – die Welt, übersichtlich wie die Tabelle in der Sportschau. München : 2 Elite-Unis, 5 Exzellenz-Cluster, 2 Graduiertenschulen – Karlsruhe 1/1/1 – Aachen 0/2/1. Das Verfolgerfeld bilden Bonn, Dresden, Gießen, Hannover und Heidelberg mit jeweils 0/1/1 Punkten. Da erwacht doch der Stefan Effenberg im Mediävisten. Ein bisschen peinlich ist einem das schon, auch wenn man nur drüber schreibt.

“Welches Schweinderl hätten’s denn gern?”, fragt der Quizmaster. – Ja genau, um Geld geht’s dabei natürlich auch, fünf Mark pro Frage. Als Kind kam einem das ungeheuer viel vor. Später hat man dann lernen müssen, dass man damit nicht weit kommt.

Die in den frischgekürten Elite-Unis werden da auch noch draufkommen. 426,58 Euro etwa erhält die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität für jeden ihrer Studenten. Für jene kein Grund zu überschwänglicher Freude. Mit ihren Semestergebühren werden sie künftig deutlich mehr zum Budget ihrer Hochschule beitragen.

Apropos Studium: Natürlich lautet die erste Frage von der Marianne (Koch): “Haben Sie für ihren Beruf eine Ausbildung benötigt?” – Na ja, eigentlich ist der Job des freien Zeilenschreibers ja eher schiecher. Aber immerhin ist man Absolvent einer nachmaligen Elite-Universität.

Also: nein, befindet der Robert. Der erste Fünfer ist im Schweinderl. – Die Annette (von Aretin) ist an der Reihe. Das war vielleicht eine kluge Frau! Die hat nur dann den Mund aufgemacht, wenn sie was zu sagen wusste.

Darin unterschied sie sich doch sehr von ihrer Namensschwester, der heutigen Bundesbildungsministerin. Jene redet eher viel. Beispielsweise: “Ich habe schon von Elite gesprochen, als andere das noch ganz schlimm fanden.” So die Elite-Politikerin 2005 im Spiegel. Auf sie beruft sich denn auch der Münchner Wissenschafts-Effe mit seiner Bundesliga-Idee.

Die Annette gibt an den Hans weiter. “Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie nicht mit der Herstellung oder Verteilung einer Ware beschäftigt sind?” will der wissen.

Hans Sachs war Oberstaatsanwalt und hat sich deshalb – wie bei Juristen üblich – gelegentlich etwas kompliziert ausgedrückt. Ansonsten aber hat er seinen Beruf aus der Fernsehunterhaltung herausgehalten.

Es war halt noch die Zeit, als Ernst und Klamauk fein säuberlich getrennt wurden. Keine Richter-Shows gab’s damals im Fernsehen, in denen sich echte Juristen permanent der Missachtung des Gerichtswesens als solchem schuldig machen. Und niemand wäre auf die Idee gekommen, bei der Evaluierung von Wissenschaftseinrichtungen Anleihen bei einer TV-Show zu nehmen, die man ansonsten in elitären Kreisen lieber dem zuordnet, was man dort “bildungsferne Schichten” nennt.

Heute hingegen listet Google für “Deutschland sucht die Super-Uni” 83 Treffer. Die Parallele liegt halt auf der Hand. Und so wenig wie bei der RTL-Show ein neuer Mick Jagger gefunden wird – der ist übrigens Ehrenpräsident der London School of Economics – so wenig kommt bei der aktuellen Elite-Klamotte ein zweites Harvard heraus.

“Machen Sie Menschen glücklich?” darf der Hans weiterfragen. – “Nein”, sagt der Robert und lacht, “bestimmt nicht.” – Stimmt! Es ist ja wirklich ein Unglück, wenn man lesen muss, wie hierzulande mit der Wissenschaft umgegangen wird.

Aber sei’s, wie’s ist: zehn Mark sind jetzt im Schweinderl. – Der Guido ist an der Reihe.

Obwohl man als Wissenschaftsjournalist stets etwas im Zweifel ist, ob das, worüber man schreibt, Klamauk ist oder ernst gemeinte Politik, darf man den Guido aus “Was bin ich?” nicht mit seinem Namensvetter aus dem Bundestag verwechseln. Jener ist auch so ein Elite-Politiker.

“Hochschulen brauchen ein Bekenntnis zu Leistungs-Eliten”, hat er letztes Jahr der FU Berlin verraten. In einer Fernseh-Show war er auch schon mal, aber nicht beim Robert, sondern im Big-Brother-Container von RTL. – Guido, der Ratefuchs, war anders. Er hieß Baumann und war seriös.

“Aber lustig zu geht’s doch bei ihnen in der Arbeit”, sagt er. – “Nein,” antwortet der Robert statt des Studiogasts, “eigentlich ist das alles sehr traurig.” – Der dritte Fünfer plumpst ins triste Schweinderl.

Die Reihe ist wieder an der Marianne. “Die typische Handbewegung” fällt der ein. – Richtig! Nach der hat der Robert vergessen zu fragen.

Der Studiogast verdreht die Augen und schlägt sich an die Stirn. – “Sie sind Wissenschaftsjournalist und schreiben gerade über die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern”, tönt es da vierstimmig aus dem Rateteam.

Na ja, das war auch einfach. Trotzdem: Kluge Köpfe waren das damals schon bei Robert Lembke. Solche bräuchte man heute in der Wissenschaftspolitik.