Die Gefahren des Google-Imperiums

Ein von Grazer Forschern veröffentlichter Bericht bezeichnete Google unlängst als “größte und mächtigste Detektei der Welt”.

Steiner: Müssen wir uns mit dem Verlust unserer Privatsphäre nicht einfach abfinden? Ist das der Preis für die “Segnung Internet”?

Maurer: Ich hoffe das zwar nicht. Die Befürchtung, dass dem so ist, könnte man allerdings schon haben. Einige Leute argumentieren damit, dass es so etwas wie Privatsphäre früher ja auch nicht gegeben habe. Wenn man zum Beispiel in einem kleinen Dorf wohnt, wissen auch alle über einen Bescheid. Erst durch die steigende Bevölkerungsdichte und den voranschreitenden Prozess der Urbanisierung habe sich so etwas wie Privatsphäre herausbilden können. Ich persönlich glaube schon, dass Privatsphäre etwas Wichtiges ist. Wie weit wir sie von Bedrohungen wie dem Data Mining bewahren können, hängt auch davon ab, wie bewusst es den Menschen wird, dass es gefährlich ist, wenn sie zu exhibitionistisch im Internet kommunizieren.

Steiner: Inwiefern müssen sich Privatpersonen im Netz in Acht nehmen?

Maurer: Wenn Anwender bereit sind, intime Informationen über sich ins Internet zu stellen, dann können sie später unter Umständen eine böse Überraschung erleben. Als besonders problematisch empfinde ich hier den Umstand, dass Suchmaschinenbetreiber die gesammelten Nutzerinformationen so lange aufheben dürfen. So brüstet sich Google ja sogar damit, dass sie noch über Informationen aus dem Usenet des Jahres 1981 verfügen. In letzter Zeit wird aber auch bei Google bereits öfter laut darüber nachgedacht, entsprechende Daten etwa nach einem Zeitraum von 18 Monaten zu löschen.

Steiner: Welche Konsequenzen soll man als normaler Internetnutzer aus Ihren Forschungsergebnissen ziehen? Ist etwas mehr Misstrauen beim Surfen im Netz angebracht?

Maurer: Bis jetzt war es den meisten Menschen gar nicht bewusst, dass hier ein Problem vorliegt. Darum sind sie auch in ihrem Umgang mit dem Internet sehr leichtsinnig vorgegangen. Man sollte aus den Erfahrungen lernen, dass eine gewisse Balance zwischen moderner und traditioneller Informationsverbreitung sinnvoll ist. Es muss klar sein, dass weder das eine noch das andere das Gelbe vom Ei ist. Mehr Misstrauen ist beim Surfen im Internet sicherlich generell angebracht. Was immer an Information gefunden wird, sollte man versuchen anhand des Originals oder alternativer Quellen zu überprüfen. Neben dem gesunden Misstrauen gegenüber den Informationen, die man im Netz findet, sollte man aber auch lernen, beim Veröffentlichen persönlicher Informationen mehr Vorsicht walten zu lassen.

Steiner: Sie sind ja auch Sci-Fi-Autor. In Ihrer Roman-Reihe “Xperten” geht es um Menschen mit außergewöhnlichen und “übersinnlichen” Fähigkeiten, die diese in vielen Situationen zum Wohle der Menschheit einsetzen. Mehrere Ihrer Roman-Helden sind dabei Wissenschaftler und Techniker, die sehr aktiv den positiven Einsatz heutiger und künftiger Technologien forcieren und gegen mächtige Personen und Systeme kämpfen, die Technik für schändliche Zwecke missbrauchen. Sehen Sie sich auch in dieser Rolle?

Maurer: Nein, das würde ich so nicht sagen. Es ist natürlich so, dass man als Techniker oder Wissenschaftler sehr viele Labors und Forschungsstätten in der Welt besucht und dort einige Dinge zu Gesicht bekommt, die man kaum für möglich hält und die eigentlich noch Science Fiction sind. Da ist man oft auch als Wissenschaftler sehr verblüfft darüber, wie weit die Entwicklungen in den Labors schon gediehen sind. Daher erklärt sich auch meine persönliche Tendenz, mich mit solchen Themen zu beschäftigen. Mit der Romanserie habe ich eigentlich vor zu zeigen, dass alle übersinnlichen Fähigkeiten letztendlich auch durch Technik simulierbar sind. Ich habe schön öfters auch Vorträge zum Thema “Wunder und Technik” gehalten. Hier zeige ich auf, wie Sachen, die vor 200 Jahren noch als Wunder betrachtet worden sind, heute als ganz normal wahrgenommen werden. Genauso bin ich davon überzeugt, dass Phänomene wie Telepathie oder Telekinese, die man heute noch für Wunder hält, irgendwann einmal technisch eingeholt werden. Gleichzeitig will ich mit meinen Büchern aber auch auf die Gefahren der Technik hinweisen.

Steiner: Welche Gefahren der Technik sind Ihrer Meinung nach besonders aktuell?

Maurer: Besonders die Überwachungsproblematik erscheint mir derzeit ein wichtiger Punkt. Hier hinkt der Gesetzgeber hinter den Gegebenheiten deutlich hinterher. Wir brauchen dringend Gesetze, die unsere Privatsphäre stärker vor Eingriffen schützen. Um das zu schaffen, ist es notwendig, genügend öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Entscheidungsträger sollen einsehen, dass da was getan werden muss. Der Druck auf die Politik ist derzeit noch viel zu gering, dass solche Fragen ernsthaft angepackt werden.