Metro Ethernet ist bereits ein De-facto-Standard

Wie wichtig ist der Segen einer IEEE oder ITU wenn es um neue Standards geht? Im Fall der Metro-Ethernet-Technologie scheint er eher eine Formalie zu sein.

Wie wichtig ist der Segen einer IEEE oder ITU wenn es um neue Standards geht? Im Fall der Metro-Ethernet-Technologie scheint er eher eine Formalie zu sein für einen Prozess, der sich derzeit in einem Gremium vollzieht, dem Industriekonsortium “Metro Ethernet Forum” (MEF). Selbst wenn offiziell innerhalb der IEEE der Standard 802.3 entwickelt wird, die Chancen und Grenzen dieser Technologie, Ideen für Dienste und deren Umsetzung bis hin zur Preisgestaltung werden im MEF vorweg diskutiert.
Im MEF werden bestimmte Techniken auch bereits vorstandardisiert, die oftmals von den wirklichen Gremien IEEE und IETF nur noch abgenickt werden. So sieht es auch Tony Lock, ein TK-Marktkenner und Senior Analyst beim britischen Marktforschungsunternehmen Bloor Research: Die wirklichen Entscheidungen würden in den Vorstandsetagen der Marktgrößen getroffen, nicht in den Foren der Standardisierungsgremien – und das gelte für nahezu jede Branche.

Generell gilt Ethernet gilt als Technologie, die sich durch schnelle, bedarfsgerechte Bereitstellung paketbasierter Datenübertragung und End-to-End-Transparenz auszeichnet. An Ethernet selbst gibt es auch nicht mehr viel zu definieren, sehr wohl aber an neuen, auf Ethernet aufsetzenden Diensten. So beschäftigt sich das MEF auch eher mit Themen wie der Akzeptanz von Metro Ethernet.

Mit dem Glasfaserspezialisten Adva ist neulich ein weiterer wichtiger Spieler dem MEF beigetreten. Michael Ritter, bei Adva als Vice President Technology tätig, begründet den Beitritt so: “Im Metro Ethernet Forum werden technische Quasi-Standards etabliert. Was ich damit meine ist, dass die in verschiedenen Diskussionsforen und Sessions festgeklopften einheitlichen Vorgehensweisen der Hersteller und Kunden auch sehr, sehr häufig als Standards übernommen werden.”

Hin und wieder sei es bei einem anderen Gremium, dem ATM-Forum, zwar vorgekommen, dass “damals die ITU das eine oder andere Bit noch verändert” habe. Aber dies komme beim Metro Ethernet Forum in seiner Zusammenarbeit mit IEEE und IETF selten vor.

Hehre Ziele flexibel umgesetzt

Ziel des Metro Ethernet Forums ist einen Konsens zwischen Netzbetreibern, Technologieanbietern und Endkunden, um eine optimierte Umsetzung aktueller und neuer Standards zu erreichen, sowie global eine verstärkte Hervorhebung der Vorteile Ethernet-basierter Dienste und Netze durchzusetzen.

“Eigentlich ist das MEF eine Marketing-Gesellschaft zur Unterstützung der Carrier, ” hat Ritter erkannt. “Uns ist natürlich auch neben den technischen Spezifikationen der Austausch mit Kunden, potentiellen Neukunden, Herstellern und Konkurrenten wichtig. Im MEF erfährt man aber nicht zuletzt auch, was der Markt gerade so macht.” Eigentlich, so fasst er zusammen, gebe es zwei Standbeine des MEF: Die Diskussionsforen und die “Vor-Standardisierung”.

Vor allem letztere, also die Arbeit vor der eigentlichen Definition eines technischen Standards sei wichtig und “von einem reinen Standardisierungsgremium schwer zu leisten.” Beispielsweise sei der Metro-Ethernet-Standardvorschlag 802.3 nicht so einfach fest zu nageln, da hingen unendlich viele Facetten hintendran. “Meines Wissens umfasst der Beschreibungskatalog derzeit um die 2000 Seiten,” sagt Michael Ritter. Somit finde eine Art Vorarbeit für die Standardisierung und eine Arbeitsteilung mit den Gremien statt.

So gesehen ist es natürlich kritisch, rechtzeitig an die richtigen Informationen zu kommen und Einfluß in der Diskussion zu üben. Brian P. McCann, Vorstand Marketing und Strategie von Adva, formuliert es so: ” Der Beitritt zum Metro Ethernet Forum war ein wichtiger Schritt für Adva, um sicherzustellen, dass Merkmale und Produkte der nächsten Generation unserer Lösungen sich mit den Anforderungen der Zukunft decken.”

Die “Helfer” haben große Namen

Die bislang 69 Mitglieder der Organisation – darunter Alcatel, Agilent, Extreme, Fujitsu, NEC, Riverstone und zuständig für die Kabel und Stecker natürlich Corning – legen großen Wert auf die Teilnahme an Komitees und Diskussionsforen, um Ethernet-Services und Ethernet-basierte Übertragungstechnologien der Netzbetreiberklasse zu definieren, insbesondere durch die Beschreibung von Architekturen, Protokollen und Management-Funktionen, so das MEF.

“Wir beschreiben im MEF Applikationen, Netzstrukturen, Layer2- und Layer3-Fragen und sortieren die Bedeutung der Layer für die werdenden Standards”, sagt er. Diese Detailarbeit, so setzt er hinzu, müsse eben auch von den Herstellern in Einklang mit den Kunden gestaltet werden.

Denn: “Sie sind ja diejenigen, die dann täglich damit umgehen müssen, da ist es nur rechtens, wenn sie auch entscheidend zur Entwicklung der Standards beitragen.” Allerdings herrsche bei sich widerstrebenden proprietären Vorschlägen zweier Kontrahenten in einer Arbeitsgruppe durchaus das Gesetz des Dschungels. Ritter umschreibt dies so: “Natürlich wird nicht jedes Unternehmen sich immer in die Karten gucken lassen, sonst ist die Idee weg und morgen haben alle Hersteller diesen Vorschlag.”

Analyst Tony Lock sieht das Ganze mit britischem Pragmatismus: “Solange die einzelnen Manager noch wissen, welchen Hut sie sich bei welcher Sitzung aufsetzen müssen, ist alles noch im grünen Bereich.”