Bitkom: Wissen und Innovation holen Deutschland aus der Krise

Innovation und Ausbildung stehen bei Industrie und Politik auf der Agenda. Die IT-Lobby  mischt mit eigenen Ideen zur Gestaltung des “Jahres der Technik 2004” mit.

“Der Innovationsstandort Deutschland muss zügig realisiert werden!” – unter diesem Motto hat der Branchenverband Bitkom seine Systems-Konferenz eröffnet. Und dies könne nur geschehen durch einen gesamtgesellschaftlichen Gesinnungswandel, der aus mehr Forschungsförderung, mehr unternehmerischer Innovation im Alltag und einer fundierten Ausbildungsförderung bestehen soll – verbunden mit einer stärkeren Imagepflege für ITK-Berufe. Dieses Bild umreißt Willi Berchtold, Präsident des Bitkom, auf der Systems 2003.
Deutschland riskiere derzeit seine Innovationskraft, “die Grundlage unseres Wohlstands”, und schwäche somit die Basis für Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze. Denn Technikkompetenz sei schließlich eine der Schlüsselkomponenten, mit denen der deutsche Markt punkten könne. Damit er das weiterhin kann, müsse aber sowohl an der Ausbildungssituation wie auch am Image der ITK-Berufe einiges geändert werden.

Berchtold malt das Menetekel der Pisa-Studie an die Wand und sagt: “Die Situation an den Schulen heute ist ein Frühindikator für die Innovation von morgen.” Und hier gebe es einerseits zu berichten, dass “bei allem Respekt für die Kunst” derzeit etwa 40 Prozent der Abiturienten in Deutschland angaben, Künstler werden zu wollen. Berchtold: “Die technologieorientierten Studienfächer müssen wir viel stärker mit sozialem Prestige ausstatten; es darf nicht sein, dass der künftige Schwiegersohn beim Antrittsbesuch vor den Schwiegereltern errötet, weil er Ingenieur und nicht Schauspieler werden will.” Naturwissenschaftliche Berufe müssten für Jugendliche zum “Objekt der Begierde werden”, fasst Berchtold die nicht neue Erkenntnis zusammen, dass attraktive und fundierte Ausbildung dem künftigen IT-Fachkräftemangel vorgreifen kann.
 
Andererseits, so sagte er, müsse die Diskrepanz zwischen Technik-Umgang und etwas tieferer Technik-Affinität aufgehoben werden. Er umreißt das Problem so: “Man wird feststellen, dass Kinder und Jugendliche das breite Angebot digitaler Unterhaltungsmedien mit traumwandlerischer Sicherheit beherrschen. Es muss uns gelingen, diesen virtuosen Umgang mit Technik in eine inhaltliche Begeisterung der Gesellschaft für Technik zu überführen.” Damit meint er, dass die Verantwortung für ein Umdenken, einen “Technologiesprung in den Köpfen” vor allem bei den Eltern, Lehrern und den Ausbildern, also auch der im Bitkom organisierten Unternehmen liege. Berchtold will darüber eine breite offene Debatte anstoßen und den Technikstandort Deutschland nach vorne bugsieren.
 
Schließlich, so der hauptberufliche Manager des Chipkarten- und Banknotentechnik-Herstellers Giesecke & Devrient, befinde sich dieses Land beispielsweise in Sachen Innovationskapazität weltweit auf Platz 4. Deutschland von diesem Platz außerhalb der ‘Medaillenränge’ an Finnland, Großbritannien und USA vorbei an die Spitze der Liste des World Economic Forum zu schieben, ist das erklärte Ziel der im Bitkom organisierten Unternehmen.

Für den Bitkom sind Forschungsgelder des Staates ein möglicher Innovationstreiber: Neben schleppender Genehmigungs- und Zulassungspraxis seien “rechtliche Hindernisse gegenüber neuen Technologien, eine hohe Steuerbelastung für Unternehmen und fehlende fiskalische Anreize für Forschung und Entwicklung”, also finanzielle Beteiligungen des Staates an Forschungsaufgaben der Industrie, ein Hemmschuh. Doch damit müsse eine zurückhaltende Reglementierung und Regulierung verbunden sein, so Berchtold.
 
Eine fruchtbare Verbindung könnten diese Forderungen demnach eingehen, indem der öffentliche Sektor, ähnlich wie in Großbritannien, eine Vorreiterrolle beim Einsatz neuer Technik einnehme. Dies müsse für Behörden und Verwaltungen zur Pflicht werden, und der Einsatz müsse “aus einem Guss” sein, um spätere Schwellen und Hürden zu vermeiden und eine nahtlose Kommunikation und Abwicklung zu gewährleisten.

Die ITK-Industrie, so vergisst er nicht zu erwähnen, sei schließlich der Innovationsmotor Nummer eins in Deutschland – neben der Pharmaindustrie, der Luft- und Raumfahrt und dem Maschinen- und Anlagenbau. Innovation und Investition in die ITK, so Berchtold, führe zu mehr prozess- und strukturorientierter Innovation. Diese wiederum zu Neuheiten bei Produkten und Diensten, und diese schließlich zu mehr Arbeitsplätzen. Berchtold: “Das Jahr 2004 ist offiziell zum Jahr der Technik ausgerufen worden. Unser Beitrag als Bitkom dazu ist, dass wir folgende Wirkungskette stärker zur Geltung bringen wollen: ITK-Systeme stoßen Innovationen an, Innovationen erzeugen Wachstum und Wachstum stiftet Arbeitsplätze.”