Googles Börsengang verändert die Regeln der Wall Street

Der Börsengang von Google sorgt für Wirbel. Die ersten Analysten raten dazu, trotz Unternehmenserfolgen die Finger von den Anteilsscheinen zu lassen.

Die weltweit erfolgreichste Internetsuchmaschine Google hat ihren Gang an die Börse angekündigt. In den nächsten Monaten sollen Aktien im Wert von 2,7 Milliarden Dollar auf den Markt geworfen werden. Dabei will Google, nachdem es in den vergangenen Jahren das Internet revolutioniert hat, jetzt offenbar auch die Gesetze der Wall Street verändern. Das Unternehmen legte Pläne für eine Auktion vor, durch die der Ausgabepreis der Aktien festgesetzt werden soll.
Der Antrag für den Börsegang wurde bei der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC eingereicht. Entsprechend der Gesetzgebung in den USA musste das verschwiegende Unternehmen damit auch erstmals einen Blick in seinen Geschäftszahlen gewähren. Demnach hat Google 2003 einen Gewinn von 105,6 Millionen Dollar gemacht, verglichen mit 99,7 Millionen Dollar im Vorjahr. Der Umsatz stieg von 347,8 Millionen auf 961,9 Millionen Dollar. Die Aktien sollen an der US-Technologiebörse NASDAQ platziert werden. Der Wert des gesamten Unternehmens wird auf 20 bis 25 Milliarden Dollar geschätzt.

Gemanagt wird der Börsegang von den Banken Morgan Stanley und Credit Suisse First Boston. Durch das geplante Auktionsverfahren sollen vor allem Kleininvestoren besser zum Zug kommen. In der Regel haben große institutionelle Anleger und einflussreiche Investoren, einen besseren Zugang zu den heiß begehrten Anteilsscheinen. Ein Termin und die Details für das Auktionsverfahren stehen noch nicht fest, werden jedoch innerhalb der nächsten drei Monate erwartet.

Das Vorgehen könnte Analysten zufolge die gesamte Art und Weise von Börsegängen an der Wall Street verändern. “Das ist der erste bedeutende Börsengang mit einer Auktionsstruktur und kann einer ganzen neuen Generation von Versteigerungen beim Börsengang eine neue Glaubwürdigkeit verschaffen”, sagte Benjamin Howe von America’s Groth Capital, einer Investmentbank in Boston, die Börsengänge begleitet, der Nachrichtenagentur Reuters. Ähnlich äußerte sich auch Wall-Street-Veteran Michael Holland im Wall Street Journal. “Die Strategie von Google ist eine Konsequenz aus den Geschmacklosigkeiten, die das Platzen der Internet-Blase verursacht hat und den Skandalen, von denen viele Börsengänge begleitet waren.”

Tatsächlich lastet ein hoher Erwartungsdruck auf dem Google-Börsengang, ist es doch die erste große Aktienplatzierung eines Internet-Unternehmens seit dem Platzen der so genannten Dot.com-Blase im Jahr 2000. Damals brachen die Kurse vieler bis dahin mit großer Hoffnung betrachteten Technologieunternehmen ein. Vermutlich vor allem deswegen haben es sich die Google-Firmengründer Sergey Brin und Larry Page zum Ziel gemacht, den Verkauf ihrer Aktien anders zu gestalten. “Google ist kein konventionelles Unternehmen. Wir haben auch nicht die Absicht eines zu werden”, heißt es in einem ‘Leitfaden’ an die künftigen Aktionäre. Man werde weiter daran arbeiten die Welt besser zu machen, versprechen die Firmengründer vollmundig. Maßgeblich sei dabei immer noch die magische Formel der Anfangszeiten: “Don’t Be Evil.”

Ungewöhnlich ist auch das Dokument, dass Brin und Page bei der US-Wertpapieraufsicht SEC eingereicht haben. Das 768 Seiten umfassende Schriftstück meidet das übliche Juristenkauderwelsch, Führungskräfte werden beim Vornamen genannt. Google beleuchtet darin auch einige Herausforderungen, denen das Unternehmen jetzt gegenüber steht. Eine Investition in Google sei nicht ohne Risiko, heißt es darin zum Beispiel. Insbesondere warnten die Betreiber der Suchmaschine davor, dass der Rivale Microsoft Word-Dokumente entwickeln könnte, die “unsere Möglichkeiten, auf den Inhalt solcher Dokumente mit Hilfe unserer Suchtechnologie zuzugreifen, einschränken oder ganz blockieren”. Ein Microsoft-Sprecher sagte, in seinem Unternehmen sei ein solches Vorhaben unbekannt.

Als sicher gilt jedoch, dass sich Google mit dem Börsengang für den verschärften Konkurrenzkampf gegen den US-Softwaregiganten Microsoft, das Internet-Unternehmen Yahoo und andere Wettbewerber rüstet. Erst in jüngster Zeit haben mehrere Konkurrenten angekündigt, mit eigenen verbesserten Suchmaschinen gegen Google antreten zu wollen. Über Google sind nach Angaben des Unternehmens derzeit mehr als drei Milliarden Seiten im Internet auffindbar und ermöglicht ebenso eine Recherche in 97 Sprachen.

Die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page haben verwirklicht, was wohl der Traum vieler Firmengründer zu Zeiten der New Economy war. Gerade mal Anfang 30, dürften die Firmengründer durch den Börsengang zu Milliardären werden. Vor sechs Jahren erst gründeten die beiden damaligen Studenten Google in einer Garage. Die beiden hatten eine algorithmische Formel für die blitzschnelle Suche im Internet entwickelt. Heute hat das Unternehmen im kalifornischen Mountain View rund 1900 Beschäftigte.