Microsoft drängt mit Gewalt in den Security-Markt

Microsoft wird demnächst eine Software veröffentlichen, die sowohl Viren als auch Spyware den Garaus macht – sagen Analysten und prophezeien einen erbitterten Preiskampf.

Kurz nachdem Symantec mit der Übernahme von Veritas seine dominierende Position auf dem Markt für Sicherheitslösungen weiter ausgebaut hat, scheint jetzt Microsoft nachzuziehen. Der Konzern übernimmt Giant Software, einen Spezialisten für Anti-Spyware-Produkte. Durch die Übernahme wird Microsoft seine eigene Produktpalette für Sicherheitslösungen aufpeppen – Analysten gehen davon aus, dass ein erstes Antiviren-Tool mit integriertem Spyware-Schutz nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.
Bis Ende Januar 2005 werde man eine Beta-Version auf Basis der Giant-Technologie vorstellen, sagte Microsoft Vice President Mike Nash. Die Software soll für Windows 2000 und höhere Versionen erscheinen. Während der Beta-Phase soll das Produkt Microsoft-Kunden kostenlos zur Verfügung stehen, schon jetzt gibt es aber genügend Anzeichen dafür, dass das nicht so bleiben wird. “Wir haben noch keine fertigen Pläne für die endgültige Version der Software”, sagte die Produktmanagerin für Microsofts Sicherheitstechnologien, Amy Carroll, in einem Interview mit der eWeek. “Wir werden die Beta-Version dazu nutzen, um das richtige Geschäftsmodell auszuknobeln.”

Man darf davon ausgehen, dass es nicht nur bei einem simplen Anti-Spyware-Produkt bleiben wird. “Wir sind überzeugt, dass Microsoft mit einem Antivirus-Produkt mit integriertem Spyware-Schutz auf den Markt kommen wird und damit einen regelrechten Preiskrieg im Unternehmensbereich auslösen wird”, sagte Gartner-Analyst John Pescatore demselben Blatt.

Das Angebot werde außerdem auch Giants Anti-Spyware-Applikationen mit den Antivirus-Technologien verschmelzen, die Microsoft seit der Übernahme des rumänischen Sicherheitsspezialisten GeCAD zur Verfügung stehen. Der Kauf hatte jede Menge Spekulationen über ein bevorstehendes Antivirus-Tool für Windows ausgelöst – noch sind die Anwender aber weiter auf das Angebot von Drittherstellern angewiesen.

Dabei kann Redmond auch trotz einer gewissen Arroganz nicht übersehen, dass gerade Symantec – einer der Hauptpartner von Microsoft im Security-Bereich – nahezu bedrohlich wächst. Seit Mitte 2002 hat der Konzern neun Unternehmen geschluckt, zuletzt in dieser Woche Veritas für 13,5 Milliarden Dollar. Bereits jetzt beherrscht Symantec 41 Prozent des Marktes für Antiviren-Software, bis 2008 wird dieser Anteil auf 50 Prozent wachsen, schätzen die Investmentbanker von Goldman Sachs. Mit anderen Worten: Symantec ist auf dem besten Weg, das Microsoft des Security-Marktes zu werden.

Mit einem eigenen Antiviren-Tool würde der Softwaregigant diesem Trend entgegenwirken und neben Symantec auch Trend Micro oder McAfee gehörig ins Schwitzen bringen. Aber Redmond will mehr als das. Sollte der Konzern ein kombiniertes Produkt auf den Markt bringen, das sowohl Antivirus- als auch Anti-Spyware-Komponenten enthält, und zusätzlich seine gesammelten Marketing-Geschütze auffahren, könnte das die Landschaft der Wettbewerber dramatisch verändern.

Dafür sprechen auch andere Faktoren. Nach Angaben von IDC wird der Markt für Anti-Spyware-Software von 12 Millionen Dollar im vergangenen Jahr auf 305 Millionen Dollar in 2008 wachsen. Vor diesem Hintergrund rechnet Maxine Holt, Analystin bei der Butler Group, mit weiteren Übernahmen. “Unternehmen wollen Spyware wirklich bekämpfen und sie erwarten von ihren Sicherheitsanbietern, dass sie das nötige Werkzeug liefern.”

Schon seit einiger Zeit schleicht Microsoft nach Angaben von Bankern und Managern aus der Security-Branche durch das Silicon Valley und andere Orte auf der Suche nach übernahmegeeigneten Unternehmen. Die Kaufkandidaten sollen die eigenen Bemühungen im Kampf gegen Viren und andere Computerschädlinge stärken. Im Juni kursierten sogar Gerüchte, Microsoft habe es auf McAfee abgesehen. Beide Seiten haben sich bis heute nicht dazu geäußert.

Die Konkurrenz legt derweil demonstrative Gelassenheit an den Tag. “Wir haben immer gegen freie Produkte konkurriert”, sagt Roger Thompson, Director of Content Reserach Security Management bei Computer Associates mit Blick auf Anti-Spyware-Lösungen. “Das ist ein neuer Markt und es ist ein großer Markt, der sehr schnell wächst. Der daraus entstehende Wettbewerb macht uns aber überhaupt keine Sorgen.”

Die Übernahme von Giant sei ein Eingeständnis von Microsoft, mit dem Bereich Sicherheit nicht alleine fertig zu werden, so Webroot-CEO David Moll. “Es wird interessant sein zu sehen, ob die Anwender Microsoft auch noch dankbar dafür sind, dass der Konzern Lösungen für Probleme verkauft, die er selbst gemacht hat. Im Unternehmensbereich wird das Konzept nach meiner Meinung floppen. Das letzte was IT-Administratoren wollen ist, ihre Sicherheit Microsoft anzuvertrauen.”