Hersteller säen Millionen für reiche RFID-Ernte

Wenn es um RFID geht, scheint in der krisengebeutelten IT-Branche das Geld plötzlich wieder locker zu sitzen. Die Unternehmen überbieten sich mit dreistelligen Millionenbeträgen und ersticken damit die Datenschutz-Diskussion.

Im Wettrennen um einen möglichst großen Anteil am vielversprechenden Zukunftsmarkt RFID (Radio Frequency Identification) scheint der Startschuss endgültig gefallen zu sein. Allen voran wird IBM zum Wochenanfang offiziell verkünden, in den kommenden fünf Jahren 250 Millionen Dollar in die Funktechnologie zu investieren. Wie die New York Times berichtet, ist eine neue Geschäftssparte mit 1000 Mitarbeitern geplant. Aber auch andere Branchengrößen wie Hewlett-Packard (HP) und SAP lassen sich nicht lumpen.
“Die Entwicklung geht weg von einzelnen Informationsbündeln über Arbeitsvorgänge hin zu einer ständigen Verfügbarkeit der Daten”, sagte Gary Cohen, General Manager bei IBM für die Abteilung ‘Pervasive Computing’. IBMs Ziel ist es, sagen Analysten, die Unternehmen vom Einsatz der Radio-Tags zu überzeugen.

Grundsätzlich geht es bei der Technologie darum, den Warenfluss weitgehend zu automatisieren und – natürlich – zu optimieren. Davon versprechen sich die Händler sowohl Preisvorteile als auch zufriedenere Kunden. Denn derzeit enden nach offiziellen Angaben fünf Prozent aller Shopping-Touren vor einer Lücke im Regal – RFID soll diesen Missstand beenden. Auch die Pharma- und Lebensmittelindustrie wollen mit Hilfe der Funk-Tags ihre Prozesse beschleunigen. Und in der Luftfahrt könnten die Chips dabei helfen, Fehlern bei Wartungsarbeiten vorzubeugen.

Bereits seit einigen Monaten gewinnt RFID zunehmend an Zugkraft – nicht zuletzt durch straffe Zeitpläne von Einzelhandlesriesen wie Wal-Mart und Tesco, oder auch dem amerikanischen Verteidigungsministerium. Eine jüngst erschienene Studie belegt, dass die Zulieferer dadurch stark unter Druck stehen. Die Ankündigung von IBM beweist jetzt, dass auch auf der Anbieterseite hektische Betriebsamkeit herrscht.

So wird HP nach eigenen Angaben in den kommenden  fünf Jahren 150 Millionen Dollar in die Technologie stecken, um sich Wal-Mart und Co zu empfehlen. Die Investitionen fließen unter anderem in Partnerschaften mit der Softwarefirma OAT Systems und der Beratungsfirma BearingPoint. OAT Systems hat sich sowohl durch den hausinternen Einsatz von RFID, als auch durch Beratungstätigkeiten einen Namen gemacht. Finanzielle Details für die beiden Kooperationen wurden nicht bekannt.

Darüber hinaus arbeitet HP derzeit an rund einem Dutzend RFID-Pilotprojekten und setzt 350 Berater in diesem Bereich ein, weitere 1000 Mitarbeiter sind ebenfalls rund um das Firmensegment tätig. Probleme im Bereich Unternehmenstechnologien hatten HP zuletzt schlechte Quartalszahlen beschert. Dieser Bereich soll nun stärker gefördert werden.

Obwohl RFID sichtbar an Boden gewinnt, bleiben viele Kritiker skeptisch. Sie befürchten einen möglichen Einfluss der Technologie auf die Privatsphäre von Einzelpersonen. So könnten Unternehmen und Regierungsbehörden mit Hilfe der Tags heimlich Daten über Gesundheit oder Kaufverhalten der Menschen sammeln, so der Einwand der RFID-Gegner. Durch entsprechende Kennzeichnung der Produkte oder Tags, die vom Verbraucher nach dem Einkauf deaktiviert werden, könnten solche Ängste aber leicht entkräftet werden, argumentieren RFID-Befürworter.

Vor diesem Hintergrund fordert die Walldorfer SAP einen offenen Diskurs zu RFID und Datenschutz. Um Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten aufzuklären, will das Unternehmen das Gespräch zwischen allen beteiligten Gruppen fördern. Auftakt bildet diese Woche eine Podiumsdiskussion mit Vertretern verschiedener Unternehmen sowie aus Regierung und Opposition.

“Die breite Akzeptanz einer neuen Technologie bedingt eine umfassende Information von Wirtschaft und Öffentlichkeit über deren Vorteile und Auswirkungen”, sagte SAP-Vorstandsmitglied Claus Heinrich. “Im Interesse unserer Kunden arbeiten wir an der kontinuierlichen Weiterentwicklung von RFID-Lösungen. Deshalb werden wir auch künftig die Debatte über diese innovative Technologie aktiv unterstützen.”