IBM erfindet sich neu – Deutschland sollte nachfolgen

Die Meldung, dass IBM weltweit bis zu 13.000 Jobs abbauen will, beherrschte vor dem Wochenende die Nachrichten. 

Die Meldung, dass IBM weltweit bis zu 13.000 Jobs abbauen will, beherrschte vor dem Wochenende die Nachrichten. Das sind etwa 3 bis 4 Prozent der gesamten knapp 330.000 Mann starken Belegschaft von IBM. Von den etwa 100.000 Mitarbeitern in Europa sollen besonders Deutschland, Frankreich und Großbritannien von diesen ‘Umstrukturierungsmaßnahmen’ betroffen sein, wie das Unternehmen mitteilte. Genaue Zahlen gab IBM noch nicht heraus. “Wir brechen das nicht auf Landesebene herunter”, erklärte Ursula Diel, Leiterin Media Relations bei IBM, im Gespräch mit silicon.de.

In Deutschland wird IBM einige kleinere Niederlassungen streichen und statt dessen in Ungarn und Tschechien neue Service-Zentren eröffnen. Es ist das “Ende von IBM Europa wie wir es kannten”, kommentierten Marktforscher von Ovum die Entscheidung.

Bis sich die Einsparungen auch wirklich zeigen, werde noch eine gewisse Zeit vergehen. So muss das Unternehmen zum Beispiel Abfindungen einplanen. IBM rechnet aber bereits für die zweite Jahreshälfte mit sichtbaren Ergebnissen. Infrastruktur und Bürokratie sollen eingespart werden. Und doch scheint die neue Entlassungswelle bei dem IT-Giganten nur das Symptom eines tieferliegenden Problems zu sein.

“Wenn sich Deutschland nicht neu erfindet, werden multinationale Unternehmen ihre Investments anpassen, wie es bereits einige praktizieren”, erklärte Frederick Irwin, Vorsitzender der American Chamber of Commerce in der New York Times. Als Beispiele seien hier die Deutsche Bank und General Motors genannt.

Die letzten Quartalsergebnisse in Europa entsprachen offenbar nicht den Erwartungen der Firmenleitung und auch die Aussichten für die kommenden Monate scheinen nicht berauschend zu sein. Daher macht sich das Unternehmen in Richtung Osten auf. Der Verkauf der PC-Sparte an Chinas Lenovo mit den aktuellen Umstrukturierungsmaßnahmen fügt sich in eine logische Abfolge ein. Das sind sicherlich keine kurzfristigen Reaktionen auf mittelmäßige Quartalszahlen.

Nicht nur lokal will sich das Unternehmen verändern. Auch die Service- und Management-Struktur von IBM soll umgebaut werden. Knapp 80 Prozent der Kürzungen werden im Bereich Services vorgenommen, erklärte CFO Mark Loughridge. In Europa sollen verschiedene kleinere Abteilungen entstehen, wie etwa so genannte ‘Operating Hubs’ in Zürich und Madrid. Dadurch will IBM seine Services flexibler gestalten und auch direkter mit den Kunden in Kontakt treten. IBM Global Services geriet in der Vergangenheit wegen Ineffizienz und einem starren Verwaltungskorsett in die Kritik. Eine Management-Abteilung, die über die Geschäfte auf dem alten Kontinent wacht, werde dadurch weitgehend überflüssig, wie Ian Wesley, Research Director bei Ovum in einer Mitteilung vermutet. 

Für den Analysten ist der Schritt lange überfällig. Besonders die hohen Lohnkosten und die Lage im westlichen Teil Europas, lassen den Standort Paris für das europäische Hauptquartier obsolet erscheinen. “Die Organisation in Paris lebte von geborgter Zeit”, erklärt Wesley. Und für ihn ist die Auflösung bereits beschlossene Sache.

“IBM muss jetzt wirklich diesen Einschnitt wagen, ungeachtet der lokalen Schwierigkeiten, und nicht nur über sie sprechen”, fährt Wesley fort. Das helfe dabei, Unsicherheiten zu beseitigen. Die Angestellten könnten sich jetzt wieder ihrer Arbeit und ihren Kunden zuwenden, “anstatt sich ständig innerhalb des Unternehmens über die Schultern schauen zu müssen”.