2000 Lichtjahre

Gemeinsam ist allen Rauschzuständen, dass einem dabei die Dimensionen etwas durcheinander geraten und dass zwangsweise ein Kater folgt.

Von Zitzewitz soll sich seinerzeit sogar seine feuerfesten Rennfahrer-Unterhosen von Infineon bezahlen lassen haben. Genaueres weiß man nicht, weil die Randale, die’s im Vorstand gab, gerichtsmassig noch nicht ausgestanden ist.

Angeschwärzt hat ihn möglicher Weise sein Kumpel Schumacher, der sich mit von Zitzewitz überworfen hatte, weil der statt ihm Chef werden wollte. Von Zitzewitz seinerseits hat wohl Schumacher verpfiffen. Gegen den ermittelt deshalb – wie diese Woche bekannt wurde – ebenfalls die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme.

So geht’s zu. Aber was sollen sie auch machen, die Söhne aus besserem Hause. Auf der Chefetage kann man sich schließlich nicht prügeln, wie weiland die jungen Proleten Mick Jagger und Keith Richards solche Angelegenheiten zu regeln pflegten.

Infineon übrigens nimmt die Angelegenheit sehr ernst. Das Unternehmen hat deswegen die Abfindungszahlungen an Ulrich Schumacher gestoppt. 5 Millionen Euro sollen das sein.

Aber genug von den Exzessen. Zurück zur nüchternen Realtität. Die fand diese Woche im Infineon-Werk in München-Perlach statt, wo 800 Arbeitsmänner und -frauen um ihre Existenz bangen, weil die Fabrik dichtgemacht werden soll.

Es wurde gestreikt, Streikbrecher eingesetzt und Demonstranten erkennungsdienstlich behandelt. Es ging um die Abfindungen für die 800 Leute.

Wie hoch die strittige Summe ist, lässt sich nicht beziffern. Es ist in solchen Fällen ja immer so, dass die Gewerkschaft nichts sagen kann, weil sie’s nicht blickt. Und die Unternehmensseite nichts sagen will, weil sie’s blickt.

Realistisch ist wohl die Faustregel, dass 100 überflüssig gewordene Malocher deutlich weniger bekommen werden als ein geschasster Chef. So sehr geraten bei manchen die Dimensionen durcheinander.

Noch schlimmer ist das in einem anderen Fall geschehen, den vergangenen Freitag der Bundesgerichtshof wieder aufgenommen hat: den Fall Mannesmann. Den Wert dieses Unternehmens halluzinierten die Börsen-Junkies zum Zeitpunkt der Übernahme durch Vodafone gar auf 180 Milliarden Euro hoch.

Die Chefs gönnten sich damals als Trotzpflästerchen für den Verlust ihrer Posten 60 Millionen Euro. Und als sie sich dafür im vergangenen Jahr vor dem Landgericht Düsseldorf verantworten sollten, haben sich einige doch sehr rabaukenhaft aufgeführt.

Das haben die Rolling Stones nie getan. Die waren in solchen Fällen immer sehr verkatert und zerknirscht. Aber die waren ja auch höchstens mal 2000 Lichtjahre weit weg von dieser Welt.