Breitband holt Highflyer zurück auf den Teppich

Der sichere Zugang ins Firmennetz von jedem Ort der Erde – lange Zeit schien das Geschäftsmodell von iPass als unangreifbar.

Funkkontakte

In jüngerer Zeit macht iPass vor allem mit der Abdeckung von drahtlosen Netzwerken von sich reden. Nach eigenen Angaben erreicht das virtuelle Netz mit rund 21.000 aktiven Hotspots, in Deutschland 370, die größte Abdeckung unter den Aggregatoren. Allerdings weist Konkurrent Gric 40.000 Zugänge aus und Fiberlink noch 15.000. Zu den Erfolgen von iPass in diesem Markt zählen die erst vor kurzem geschlossenen Verträge mit BT und Boeing. Mit ‘BT Openzone’ erhält iPass weitere 1500 Hotspots, etwa in den Lounges von British Airways, Hilton-Hotels und britischen Bahnhöfen. ‘Boeing Connexion’ gewährt WLAN-Zugang in den Flugzeugen der Airline.

Bevor Zugangsanbieter als aktiver Bestandteil in das iPass-Netzwerk aufgenommen werden, müssen sie ihre Zuverlässigkeit checken lassen und Interoperabilitätstests bestehen. Zu den etwa 20 technischen Anforderungen an Boeing gehörte etwa, dass die Kommunikation zwischen Laptop und Access-Point komplett verschlüsselt abläuft und ein bestimmter Datendurchsatz garantiert wird – über den Wolken ist das nicht ganz selbstverständlich.

Damit das funktionieren kann, ist iPass Partnerschaften mit etwa 40 Technologieanbietern eingegangen. So weiß DACH-Chef Schiebl von vorneherein, dass der Centrino-Chip von Intel mit der iPass-Verschlüsselung klarkommt und die Firewall von Checkpoint es zulässt, einen bestimmten Client anzusprechen.

Die Aufmerksamkeit, die den Wireless-Zugängen zuteil wird, verdeckt allerdings leicht, dass damit nur in Teilbereichen verdient wird. Nach Unternehmensangaben beträgt der Anteil am Service-Umsatz, der 2004 mit Breitbandzugängen erzielt wurde (per Kabel und ohne), lediglich 2 Prozent. 

Damit werden zwei erste Schwächen des Unternehmensmodells sichtbar. Der Wireless-Markt ist noch stark fragmentiert und iPass muss jede Menge Aufwand betreiben, um mit sicheren Zugängen sein virtuelles Netz zu erweitern. Zudem ist unklar, welche der drahtlosen Techniken sich in welchem Umfang durchsetzen werden. Zugleich ist iPass stark von seinen Zugangslieferanten abhängig. Zum Beispiel basieren rund 2 Prozent des Umsatzes in 29 Ländern auf der ausschließlichen Dial-up-Partnerschaft mit Equant, einem Anbieter von Daten- und IP-Netzwerken sowie Integrations-Dienstleistungen für multinationale Unternehmen. Der Vertrag läuft noch bis zum Februar 2006.

Insgesamt betrugen die Ausgaben für Netzzugänge im vergangenen Jahr rund 22,5 Prozent des Umsatzes. Nur Vertrieb und Marketing verschlangen noch mehr, rund 28 Prozent. So können die Carrier, die mit eigenen Angeboten konkurrieren, iPass im Preis oftmals unter- und mit Zusatzdiensten wie Voice-Mail und DSL überbieten.

Kratzer im Lack

Der Knick in der Unternehmenskarriere resultiert nach Unternehmensangaben in anderen Dingen. Das Unternehmen wurde 1996 gegründet und war zunächst durch Venture Capital privat finanziert. Zu den Finanzpartnern gehörten außer reinen VC-Firmen auch Cisco Systems und Intel. Im Juni 2003 ging das Unternehmen an die Börse. Die Aktie erreichte Mitte 2003 einen Höchststand von 26 Dollar, mittlerweile dümpelt das Papier bei einem Kurs von 5 Dollar.

Nach Unternehmensangaben sind daran vor allem drei Dinge schuld. Zunächst verbreitete im Frühjahr der Internet-Wurm Sasser Furcht und Schrecken unter den Anwendern. Zwar waren iPass-Kunden geschützt, trotzdem gingen weniger ins Netz. Außerdem hatte iPass Korrekturen in seinem Telefonbuch vorgenommen, im Wesentlichen um lokale Nummern bereinigt. Die oftmals als Bookmark gespeicherten Daten waren demzufolge unter den nunmehr geltenden landesweiten Nummern nicht mehr auffindbar, die Kunden aufgebracht.

Schließlich sorgt der zunehmende Gebrauch von Blackberry-Devices von Research in Motion (RIM) in den USA dafür, dass E-Mails verstärkt remote über diesen Service abgerufen werden und nicht mehr über iPass-Clients. Damit gehen der Firma zumindest die Breitband-Nutzer flöten, die iPass hauptsächlich genutzt haben, um E-Mails zu lesen. So genannte Power-User dagegen bleiben dem Unternehmen offenbar treu. Die Nutzerzahlen, die seit Monaten stabil sind, scheinen das zu bestätigen.

Die E-Mail-Leser gehen flöten

Hierzulande spielen Blackberry-Services, online-geführte Kalender und Adresslisten sowie E-Mail-Dienste auf Smartphones oder Handhelds, noch keine Rolle. So bestätigt Matthias Müller, Geschäftsführer der Miller Computertechnik in Schnaittach, dass iPass vor allem von Monteuren, Geschäftsführern und Vertriebsmitarbeitern genutzt wird, um E-Mails abzurufen – aber auch um sich ins Firmennetz einzuwählen.

Die Firma, die neben dem Warenwirtschaftssystem ‘SO Business Software’ von Godesys AG aus Mainz auch Citrix-Technik sowie Security-Hardware und Software vermarktet, ist seit eineinhalb Jahren iPass-Partner. Zuvor hätten es teure Speziallösungen sein müssen, um die Erreichbarkeit der mobilen Mitarbeiter gewährleisten zu können. Nun hostet der Netzwerk-Spezialist die iPass-Plattform, übernimmt die Installation und Konfiguration der Endgeräte, den Helpdesk und die Abrechnung.

Wie andere Systemhäuser auch kann der Anbieter eigene Preise und Tarife festlegen und Mehrwertdienste anbieten. iPass verspricht seinen Vertriebspartnern Margen bis zu 25 Prozent. Außerdem greife iPass auch schon einmal bei Vertriebsaktionen unter die Arme: “Die gehen auch schon einmal mit raus zu einem Kunden”, sagt Müller. So habe der Partner auch Türen zu größeren Unternehmenskunden geöffnet, an die die Schnaittacher sonst kaum ran gekommen wären. IPass/Miller-Kunde ist beispielsweise der Automobilzulieferer Brose GmbH & Co. KG.

Nichtsdestotrotz könnte der ausstehende Erfolg im Breitbandgeschäft und die Blackberry-Konkurrenz sowie der Preisdruck der Carrier auch längerfristig Probleme bereiten. Am 28. Dezember des vergangenen Jahres stuften jedenfalls die Analysten von Raymond James die iPass-Aktie von “Market Perform” auf “Underperform” herab.

Klagen und Zukunftschancen

Außerdem droht der Firma ein Gerichtsverfahren wegen Insider-Geschäften. Die Frist für Beschwerden ist gerade abgelaufen und das Gericht prüft nun, ob es ein Verfahren zulässt. Klagen will etwa die Kanzlei Schatz & Nobel P.C. Die Anwälte bemerken, dass iPass-Mitarbeiter Anteile kurzfristig verkauft haben, bevor öffentlich wurde, dass das Unternehmen die Erwartungen nicht erfüllt. Nach offiziellen Angaben von Unternehmenssprechern handelt es sich dabei jedoch um Aktien aus einem “Safe Harbour”. Dieser entsteht nach Konditionen, die die Anteilseigner im Vorhinein festlegen, etwa ab welchem Wertverlust veräußert wird.

Der Rechtsstreit selbst dürfte ein Nebenkriegsschauplatz bleiben. Die Ursache für den Wertverfall der Aktie jedoch bleibt ein ernstes Problem. So hat die Firma aus Redwood Shores im vergangenen Jahr versucht, sich neu zu positionieren. Im Bericht an die amerikanische Börsenaufsicht spricht man von der “schwierigsten Transformation seit Firmengründung”. iPass handelt nun nicht mehr mit Services, die das Leben des Geschäftsreisenden leichter machen, sondern versteht sich als Security-Anbieter.

In diesem Kontext ist auch der Aufkauf von zwei Firmen zu sehen. Für insgesamt 28,5 Millionen Dollar fiel im September Safe3w Inc. an iPass und im Oktober Mobile Automation Inc. Seither verkauft das Unternehmen auch Software-Lizenzen. Safe3w hat eine Lösung vermarktet, die es erlaubt, aus den Hardware- und Software-Komponenten eines Rechners ein einmaliges Profil zu erstellen, auch Fingerabdruck genannt.  Mobile Automation verfügt hingegen über eine Lösung für das Patch-Management.

Nach Schätzungen der Analysten vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC wird das weltweite Geschäft mit Patch-Management von 2,4 Milliarden Dollar im Jahr 2003 auf 4,1 Milliarden Dollar im Jahr 2008 ansteigen. Die Administration mobiler Endgeräte soll dabei das wachstumsintensivste Segment sein. Das Umsatzvolumen wird in diesem Bereich in den nächsten vier Jahren mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 49 Prozent die Marke von 900 Millionen Dollar im Jahr 2008 hinter sich lassen.