Der zentrale Wahnsinn: CeBIT zelebriert das Überflüssige

Als ob HDTV, VoIP, WiMax oder Triple-Play nicht schon genug wäre. Für den CeBIT-Besucher war es dieses Jahr nicht leicht, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.

Deutschland – Fußballland

Beim Thema Trauma fällt einem doch gleich auch die Fußball-WM im Sommer ein. Nicht erst seit der CeBIT bekommt man erklärt, dass Sport und Technik irgendwie zusammengehören. Nahezu jede Presseabteilung eines Herstellers fühlt sich durch das sportliche Ereignis zu einem Spagat hingerissen. Denn jedes neue Produkt hat irgendwie auch mit der WM zu tun. Nicht wenige Pressemitteilungen fangen in diesem Jahr an mit “Großveranstaltungen wie die FIFA Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland…”. Wie haben PR-Menschen eigentlich früher ihre Angebotspalette an dem Mann gebracht?, fragt man sich da.

Auf der CeBIT wird beispielsweise der ‘Smartball’, der einen Chip integriert hat und anzeigt, ob ein Tor gefallen ist, ausgestellt. Bei der FIFA allerdings ist schon länger klar, dass er nicht über WM-Rasen rollen wird. Überhaupt müsste gerade Deutschland doch froh sein, dass es nicht immer piepst, wenn das Runde im Eckigen landet.

Und selbst DFB-Präsident Theo Zwanziger kann sich nicht vor der rasanten Entwicklung verstecken. Will er wohl auch nicht. Kürzlich schwärmte er von seinem Blackberry, und auch das dürfte ihm gefallen: Jacken mit USB-Schnittstelle für den MP3-Player oder Anzüge mit eingebautem Bluetooth-Headset. Im für Deutschland so bedeutenden Fußball-Jahr 2006 kann man nicht erreichbar genug sein.

Allerdings machen sich Experten auch Sorgen um die Handystrahlung. “Es gibt zwar keine eindeutigen Zahlen, wie schädlich sie ist, aber mir ist es lieber, ich probiere das nicht am eigenen Körper aus”, sagte beispielsweise Oliver Stollbrock von Fashion Innovation Service. Daher ist die Innentasche seines Sakkos mit einem neuen Stoff ausgestattet, der durch einen hohen Silberanteil Handystrahlung nahezu vollständig abschirmen soll.

Mehr als geistige Trockenheit 

Bei so vielen Angeboten also, die zum Teil einfach Zeit brauchen, bis sie sich dem Betrachter erschlossen haben oder der Besucher auf der Sinnsuche schlicht steckengeblieben ist, wundert es nicht, dass einige scheinbar vergessen haben, regelmäßig zu trinken. Die Ärztezeitung online titelt deshalb: CeBIT-Besucher ausgetrocknet. Grundlage dieser These ist ein Fitness-Scanner von Vodafone, der bei über 60 Prozent der gemessenen Besucher einen zu geringen Wasseranteil im Körper festgestellt hat. Ein Grund sei sicherlich die trockene Luft in den stark beheizten Hallen.

Ob es auch deshalb zu den insgesamt 186 Straftaten nach fünf Messetagen gekommen ist, ist nicht klar, muss aber angezweifelt werden. Denn es wechselten letztlich nicht Wasserbehälter die Besitzer, sondern Laptops, Flach- und LCD-Bildschirme. Die Gesamt-Schadenssumme betrug rund 244.000 Euro. 2005 waren noch 234 Straftaten gezählt worden. Vielleicht hatten potenziell Kriminelle auch Angst vor der Präsenz der Bundeswehr. Die war allerdings nicht unmittelbar zum Zwecke der nationalen Sicherheit anwesend, sondern stellte einen Laptop vor, der grob vereinfacht mit dem Soldaten durch den Schlamm robbt.

Möglicherweise war auch mit entscheidend, dass die Besucherzahl 2006 erneut zurück gegangen ist. Nur 450.000 Menschen wollten sehen, was unter anderem die Welt nicht braucht – 25.000 Personen weniger als im vergangenen Jahr. 2007 geht der Wahnsinn bestimmt weiter.