Storage-Konzept ist “prinzipiell und punktuell möglich”

Nach wie vor prägen Anwenderträgheit und mangelndes Know-how den als Information Lifecycle Management bezeichneten Prozess. Die größte Baustelle ist der Mittelstand. Aber auch Anbieter haben mit der Realisierung der ILM-Vision ihre liebe Mühe.

So lautet das Fazit einer aktuellen Studie, die die Experton Group unter 200 deutschen Unternehmen im Zeitraum von Dezember vergangenen Jahres bis Februar 2006 durchgeführt hat. Unter den befragten IT-Leitern, CIOs und Storage-Verantwortlichen waren sowohl Mittelständler mit 100 Mitarbeitern als auch große Unternehmen mit mindestens 1000 Mitarbeitern.

Dabei dürfe sich derjenige, der über ILM nachdenkt, nicht fragen, ob er überhaupt einen solchen Prozess in seinem Unternehmen anstoßen will, sondern es gebe nur die Frage nach dem Wann, stellte Wolfram Funk klar, Senior Advisor bei der Experton Group. Denn “prinzipiell und punktuell” sei das Konzept heute schon möglich. Bei einem Datenwachstum von immer noch 20 bis 30 Prozent pro Jahr und einem weitaus geringeren Preisverfall bei der Speicherinfrastruktur sei ILM schon alleine wegen der Kosten ein bedenkenswerter Posten.

Klar, unklar, Compliance

Bricht man das Konzept auf in seine Bestandteile, so macht der Bereich Compliance einen großen Teil aus. Und hier liegt laut der Studie einiges im Argen. Zwar können sich 70 Prozent etwas unter dem Begriff ‘Langzeitarchivierung’ vorstellen, die restlichen 30 Prozent aber sind sich nicht sicher oder haben keine Ahnung. Bei der Frage, welche konkreten Regelungen die Umsetzung von ILM im Unternehmen des Befragten vorantreiben, wird das Ausmaß der Unkenntnis noch deutlicher. 34 Prozent verstecken sich hinter dem allgemeinen Punkt ‘Langzeitarchivierung’ – vermutet wird, dass sie die Bezeichnung gesetzlicher Normen nicht kennen – nur knapp über 8 Prozent nennen die GdPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen), das Bundesdatenschutzgesetz fällt 7,6 Prozent ein, ‘Sonstige’ geben 15 Prozent an. 37 Prozent erklären, dass keine der zur Auswahl stehenden Regelungen, darunter auch Basel II, Sarbanes-Oxley (SOX), die GoBS oder die Produkthaftung, auf das eigene Unternehmen zutreffe.

Ein möglicherweise fataler Trugschluss, auch wenn es in Deutschland derzeit noch keine oder zumindest keine hohen Strafen zu befürchten gibt, sollten Normen verletzt werden. Es kann aber auch sein, dass nur die IT-Abteilung, sofern eine in der Firma installiert ist, keine ausreichende Kenntnis über die Revisionsregeln hat, so das Resümee der Marktforscher. Im Gegensatz zur Buchhaltung vielleicht, aber die beiden Abteilungen leben in so getrennten Welten und sprechen so wenig miteinander wie die beiden deutschen Torhüter Kahn und Lehmann. Die scheinbar häufig fehlende Kommunikation zwischen den Firmenbereichen entpuppt sich immer mehr als Dilemma, für das es aktuell keinen Ausweg gibt. Einen CIO, der als Schnittstelle fungieren soll, können sich vor allem kleinere Mittelständler nicht leisten.

Die zum Teil verwunderlichen Ergebnisse erinnern daran, dass das als Hype-Thema verschrieene Storage-Konzept tatsächlich in den Strudel der verhassten, weil tot geredeten, Themen gekommen ist. Viele Anwender wollten damit einfach nichts zu tun haben, meinte Funk, sei es aus Gründen des Marketings – jede Storage-Lösung war in der jüngeren Vergangenheit ILM-kompatibel -, sei es weil das Konzept nun einmal nicht so leicht zu verstehen ist. Vor allem kleinere Unternehmen sähen “Storage im allgemeinen nicht als ihre Kernkompetenz und vernachlässigen das deshalb”, wie es Hermann Wedlich sagte, der als Symantec-Mann die Anbieter-Seite bei der Präsentation der Studie vertrat.

Nur 3,5 Prozent der Befragten haben ILM bereits umgesetzt. Ein Viertel kann schon punktuelle Erfolge vorweisen oder arbeitet gerade daran, und knapp die Hälfte plant eine Realisierung. Der Rest hat sich noch nicht so intensiv mit ILM beschäftigt.