Unternehmen stürzen sich auf Konvergenz

Die Migration von alten Systemumgebungen zu IP-Netzen ist in vollem Gange. Kostensenkungen und ein vereinfachtes Netzwerk-Management spielen dabei eine Rolle – Ziel ist aber auch eine verbesserte Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten und Partnern.

Zudem stehen die Einführung und das Management neuer Anwendungen im Fokus, so das Ergebnis einer Studie, die von der ‘Intelligence Unit’ des britischen Magazins The Economist in Zusammenarbeit mit AT&T erstellt wurde. Auch eine gesteigerte Produktivität der Mitarbeiter und die höhere Ausfallsicherheit wurden von den weltweit insgesamt knapp 400 befragten IT-Managern als Argument genannt.

Allerdings gibt es länderspezifische Unterschiede. Für nordamerikanische Unternehmen stehen Kundenservice und Zusammenarbeit an erster Stelle -europäische und asiatische Unternehmen sehen in erster Linie noch Kosten- und Effizienzvorteile. In Deutschland ist außerdem beispielsweise das Thema Anwendungs-Einführung noch weiter weg. Dieser Unterschied ergibt sich auch daraus, dass die IP-Migration in den USA schon weiter fortgeschritten ist.

Dafür wollen die Europäer am schnellsten aufholen: 50 Prozent der Führungskräfte erwarten, dass ihre Unternehmen den Prozess bis 2009 komplett abgeschlossen haben – deutlich mehr als ihre Kollegen in den anderen Regionen. Bei einem derart straffen Zeitplan verwundert es wenig, dass die IP-Migrationsstrategie durchaus aggressiv ist. So wollen 27 Prozent der befragten IT-Manager die Implementierung komplett im gesamten Unternehmen erreichen – die Analysten sprechen hier von einem Big-Bang-Ansatz.

Den lassen sich die Unternehmen auch einiges kosten. Ein Viertel der Befragten erwartet eine Ausgabensteigerung von mindestens 10 Prozent in den nächsten zwei Jahren. Bei der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2005 waren es noch 58 Prozent mit dieser Erwartungshaltung. Jeder fünfte spricht inzwischen von “sehr großen Steigerungen” um mehr als 25 Prozent. Ein Teil dieser Investitionen ist sicherlich für die Migration auf IP vorgesehen.

Gedämpft wird dieser Elan in erster Linie von Sicherheitsbedenken, die in Europa und insbesondere in Deutschland höher im Kurs stehen als anderswo auf der Welt. Ein Thema, dessen man sich künftig mit allem nötigen Ernst widmen sollte, meint Frank Pieper, Vice President Sales für AT&T im deutschsprachigen Raum, denn: “Wir haben als ITK-Industrie in den letzten Jahren nicht unbedingt den Eindruck vermittelt, dass IP sicherer ist.”

“Sicherheit für konvergente Netze und Services muss von vornherein mit eingebaut, nicht nachträglich aufgesattelt werden”, unterstreicht auch Tom Siracusa, Director VPN Strategy bei AT&T. Dabei verlieren nach seinen Worten zentralisierte Ansätze an Bedeutung. Er prognostiziert stattdessen ein “verteiltes Modell, das Sicherheit vom Rand her an vielen Lokationen durch das Netz bis hin zu Anwendungen und Datenbanken sicherstellt”.

Die aktuellen Zahlen belegen jedoch, dass die Sicherheitsbedenken rückläufig sind – ähnlich wie die Angst vor hohen Implementierungskosten. Das liegt unter anderem an den sinkenden Preisen für die Technik. Gleichzeitig ist das Vertrauen der IT-Manager in die Qualifikation ihrer Mitarbeiter nicht gerade groß. 48 Prozent weltweit gaben an, dass sie nicht über das notwendige Know-how im eigenen Haus verfügen, gerade auch bei deutschen Führungskräften ist diese Angst der Studie zufolge besonders hoch.

Eine Wissenslücke, die geschlossen werden muss, sagt auch EU-Kommissarin Viviane Reding: “Obwohl Konvergenz möglicherweise zu weniger Bedarf für spezialisierte Fähigkeiten in einigen Bereichen führt, bedarf es doch der Neuausrichtung bestehender Fähigkeiten und der Entwicklung neuer Fähigkeiten, um das Potential auf neuen und innovativen Wegen zu nutzen.”