Notebook-Akkus leiden unter Vista

Die grafische Benutzeroberfläche des neuen Microsoft-Betriebssystems scheint einen Riesenappetit zu haben. Hardwarehersteller ziehen jetzt die Konsequenzen.

Schon vorherige Versionen von Windows haben nicht gerade den Ruf gehabt, mit dem Stromverbrauch bei Notebooks sorgsam umgegangen zu sein. Das hatte in der Regel dazu geführt, dass die Laptop-Hersteller ein eigenes Power Management implementieren mussten. Das scheint bei Vista auch nicht anders zu sein – ganz entgegen Microsofts Versprechungen.

Auch jetzt verändern Hersteller die Vista-Standardkonfiguration bei der Vorinstallation oder installieren sogar komplett eigene Power Management Software. “Es ist ein wenig beängstigend, was wir alles unternehmen müssen, um Vista auch auf Laptops attraktiv zu gestalten”, sagt Hewlett-Packards Technologie-Experte John Wozniak über die hausinternen Vista-Aktivitäten im Bereich der Laptop-Gruppe. Hauptärgernis dabei sei der Stromverbrauch des Aero-Interface, das mit transparenten Fenstern und animierten Übergängen angenehmer für die Augen sein soll.

Anwender, die sehr viel Geld für besonders leistungsstarke Laptops ausgeben, um den hohen Hardwareanforderungen von Vista und dem Aero Interface zu genügen, sind dann durch den Energieaspekt gezwungen, auf Vista Basic zurückzugreifen. Erst wenn Aero ausgeschalten ist, ist die Akkulaufzeit genau so gut oder besser als bei Laptops mit Windows XP.

Zwar hat Microsoft einige wichtige Veränderungen in Vista vorgenommen, um die Akkulaufzeit zu verbessern. Dazu gehören die verbesserten Hibernation-Modes, bei der Anwendungen auch dann geschlossen werden, wenn diese endlos weiter laufen wollen. Doch das nützt wenig, da Aero alle diese Vorzüge zunichte macht.

Das hat inzwischen dazu geführt, dass Hewlett-Packard (HP) nicht die Voreinstellungen von Vista verwendet, sondern sich für ein eigenes Power-Set entschieden hat. Hierzu zählen unter anderen die Optionen ‘Strom sparen’ oder ‘Beste Leistung’, wobei in der Spareinstellung die Aero-Funktion automatisch abgeschaltet wird. Insgesamt erlauben die vielen HP-Einstellungen eine jeweils optimale Balance zwischen der Arbeitsleistung der Prozessoren und der Akkulaufzeit.

“Im Aero-Modus wird zwar der Akku schneller leer, aber es sieht auch verdammt gut aus”, bestätigt Lenovos Technologie-Direktor Howard Locker. Doch auch Lenovo setzt seine eigene über mehrere Jahre hinweg selbst entwickelte Technologie für Energie-Management ein.

Neben HP und Lenovo haben noch weitere Unternehmen bestätigt, dass ihnen Vista und das Aero-Interface in puncto Akkulaufzeit erhebliches Kopfzerbrechen bereiten.

Chiphersteller AMD verweist hierbei jedoch auf den Kompensationseffekt seiner Strom sparenden Prozessoren. “Vista braucht eindeutig mehr Energie als Windows XP, aber unsere energiesparende Technologien gleichen einiges davon wieder aus”, sagt Bahr Mahony, Produkt-Marketing-Verantwortlicher für den Mobil-Bereich bei AMD.

Doch die Probleme mit der Vista-Akkulaufzeit verärgern die User zunehmend. “Wenn man sich eine erweiterte Batterie kaufen muss, um wieder auf dem Stand zu sein, den man vorher hatte, läuft etwas schief”, schreibt Rob Bushway im Blog von Gottabemobile.com.

Energieprobleme sind aber laut Richard Shim, Analyst bei IDC, bei jeder Umrüstung des Betriebssystems normal. “Bei jedem neuen Betriebssystem verschlechtert sich die Akkulaufzeit – das hatten wir schon bei Windows 98”, lautet sein Kommentar über die bisherigen Windows-Systeme. Der Unterschied zu früher sei jedoch, dass Notebooks mittlerweile der wichtigste Wachstumsbereich der PC-Industrie sind. Sie machen bereits mehr als die Hälfte des PC-Umsatzes aus und werden voraussichtlich bis Ende dieses Jahrzehnts den PC-Markt dominieren.

Schon während der Beta-Testphase im letzten Jahr gab es die ersten Berichte darüber, dass Vista besonders viel Energie braucht. Damals versprach Microsoft, diese Probleme zu lösen bevor das Programm auf den Markt kommt. Und so zeigt sich Microsoft bislang von der Kritik und der Eigeninitiative von HP und Lenovo unbeeindruckt. In einem Statement ermutigen sie die Hersteller sogar, eigene Energieprofile zu installieren, da die Anwender nur so den größten Nutzen von der Hardware hätten. Doch Shim rechnet hier mit Änderungen: “Die Verbraucher machen viel Druck auf die Computerhersteller, denn bei Notebooks hat die Akkulaufzeit meistens die oberste Priorität. Das kann keinen Anbieter kalt lassen”, so seine Prognose.