‘ERP brummt nur im Mittelstand’

silicon.de sprach mit Jim Schaper, dem CEO von Infor Business Solutions, über die Zukunft einer der langweiligsten Anwendungen: Enterprise Ressource Planning (ERP). ERP ist ihm zufolge aber sehr, sehr lebendig, vor allem im Mittelstand.

silicon.de: Dann sind die Kunden von Infor also weniger bei den Top 100 angesiedelt?

Schaper: Wir sind sehr rührig im mittelständischen Markt. Denn dort, fast ausschließlich dort, ist etwas los. Obwohl es der schwierigste Markt ist – hier sitzen die Kunden, die die höchstklassige Ausstattung zum niedrigsten Preis wollen und für den Betrieb und Support weder Zeit noch Geld auszugeben haben. Wir sind bereits dort aktiv, im Gegensatz zu SAP, die sich stark bemühen müssen, um hier einen Fuß in die Tür zu bekommen. Wir machen heute 70 Prozent unseres Umsatzes im Mittelstand.

Die anderen 30 Prozent werden von Firmen wie Boeing gebracht. Dabei eint die beiden Kundengruppen ein Grundproblem, das der gewachsenen Umgebungen. Der Mittelstand will dabei aber genauso wie der Großunternehmer seinen Zoo an verschiedenen Anwendungen nicht aufgeben. Doch während der Konzern diesen Zoo braucht, weil er bereits zuviel Geld hineingesteckt hat, kann der Mittelständler das ein oder andere Teil nach und nach austauschen und sich entwickeln. Wir haben bei unseren klassischen Kunden verfolgen können, dass sie bei einem bewährten Anbieter sogar neue Dinge ausprobieren und innovativ werden. Es muss nur alles einfach zu verwalten sein, und seinen Zweck erfüllen.

silicon.de: Spielt Web 2.0 und die Technik drum herum dabei eine Rolle?

Schaper: Bisher noch nicht, wird es aber nach und nach tun. Für uns sind Themen wie Software as a Service (SaaS) heute spannender. Das ist heute schon ausgereift und in der Industrie nutzbar. Auch Funktionen wie Enterprise Application Management, Supply Chain Management, Customer Relationship Management oder Human Capital Management sind als Web-fähige Ausgaben möglich, einige sind bereits angedacht. Das gilt aber nicht für unser ERP oder unsere Standalones, diese werden auf absehbare Zeit nicht als SaaS angeboten, weil sie es bisher nicht mussten: Sollten aber unsere Kunden danach fragen, dann gehen wir mit. Bisher ist es aber kein Thema.

silicon.de: Infor macht drei Viertel seines Umsatzes mit ERP. Heißt das, dass das von Anwendern als “die langweiligste Software” bezeichnete ERP allen Unkenrufen zum Trotz nicht tot ist?

Schaper: ERP ist weit davon entfernt! Im Mittelstand gibt es zur Zeit fast nur völlig veraltete Systeme, die müssen wir ersetzen. Unsere Anwendungen als integraler Bestandteil der Suite sollen außerdem mehr Funktionen in den Kern der Geschäftsprozesse und die Sicht in die Tiefe bringen. Diese Funktionen wiederum müssen immer durchgängiger sein, um im Alltag zu bestehen. Deshalb kaufen wir auch Spezialwissen zu. Ferner wird Return on Investment zu unserer Freude immer mehr zum Thema, auch bei ERP im Mittelstand. Auf der Funktionsseite bauen wir Verbindungen mit Kundendatenbanken oder Business Intelligence, mit Data Warehousing, Logistics und Human Capital. Uns wird nicht langweilig mit ERP.