Wer nicht kollaboriert, der kollabiert

Collaboration Software und Services brauchen auf lange Sicht offene Standards, sagen die Anwender. Microsoft, IBM und Oracle bleiben jedoch Eigenbrötler.

“Oracle sieht für sich eine Chance, die Erfolge aus dem Bereich Datenbanken auf die Verarbeitung unstrukturierter Daten zu übertragen”, so Chris Harris-Jones, Analyst beim britischen Marktforscher Ovum, gegenüber silicon.de. Die Collaboration Suite fungiere dabei als Frontend, über das man die Daten aufbereiten könne.

Open Source Collaboration?

Über die Produkte der großen drei und den Angeboten von Nischenanbietern hinaus gibt es eine Reihe von freien Produkten. Der Einsatz quelloffener Collaboration Software sei gegenwärtig jedoch eher für kleine Unternehmen und Firmen mit einem schmalen Budget empfehlenswert, meint Erica Rugullies von Forrester. Großunternehmen könnten sich auch daran versuchen – wenn sie über genügend Ressourcen verfügen, um die Lösungen im eigenen Haus zu pflegen.

Ein Vorteil der freien Collaboration Tools und der darauf basierenden kommerziellen Produkte sei, dass diese sich stärker an offenen Standards orientierten als an proprietäre Lösungen, sagt Thorsten Wichmann, Geschäftsführer von Berlecon Research.

Ein offener Standard für den Austausch von Kalenderinformationen sei etwa CalDAV, der derzeit dem Standardisierungsgremium IETF vorliege. Über CalDAV könnten einzelne Ereignisse und komplette Kalender publiziert und modifiziert werden. Die Clients und Server müssen nicht mehr vom gleichen Softwareanbieter kommen, sondern lediglich CalDAV unterstützen.

Mit Calconnect habe sich bereits ein Konsortium von Unternehmen und Open-Source-Projekten gebildet, das Tests der Interoperabilität von CalDAV-basierten Lösungen durchführt. Calconnect werde unter anderem von der Mozilla Foundation, Novell und Oracle unterstützt.

Derzeit sei es die Strategie vieler Collaboration-Anbieter, Microsofts Exchange preisgünstig nachzubauen, meint Wichmann. Auf der Basis von CalDAV könnten jedoch Innovationen entstehen, nicht nur Imitationen proprietärer Lösungen.

Standards und Interoperabilität gefordert

Weitreichende Collaboration-Standards existieren derzeit nicht, sagt auch Rugullies. Standardisierungsbestrebungen gebe es lediglich in Teilbereichen – so das ‘Session Initiation Protocol’ (SIP), das ‘Extensible Messaging and Presence Protocol’ (XMPP) und ‘SIP for Instant Messaging and Presence Leveraging Extension’ (SIMPLE). Hersteller wie IBM, Microsoft und Oracle spekulierten vermutlich noch darauf, dass sich ihre Lösungen als De-facto-Standard durchsetzen.

Wo es kaum Standards gibt, da gibt es auch kaum Interoperabilität. Microsofts Exchange/SharePoint, IBMs Lotus Notes/Domino und die Oracle Collaboration Suite sind nicht kompatibel. Und in manchen Großunternehmen kommen obendrauf bis zu einem Dutzend verschiedene, kleinere Collaboration-Lösungen zum Einsatz. Das sei angesichts des Ziels von Collaboration Tools geradezu absurd, meint Chris Harris-Jones von Ovum. “Der ganze Sinn von Collaboration Tools ist der Austausch über verschiedene Arbeitsumgebungen hinweg. Die fehlenden Standards sind jetzt schon ein Problem, und dieses Problem wird immer größer.”

Die mangelnde Interoperabilität dieser Tools erschwert es Firmen jedoch, vor allem mit externen Partnern zusammenzuarbeiten. Projekte wie Calconnect sind ein Hinweis darauf, dass die Anwender diesen Zustand nicht mehr hinnehmen wollen. Rugullies: “Vielleicht erleben wir in der nächsten Zeit auch die Entstehung einer neuen Software-Kategorie: der Collaboration Integration Software.”