Fußball-WM wird Handy-TV nicht nach vorne kicken

Fußball-Weltstars, die während der WM live über jedermanns Telefondisplay flitzen, sollen nach dem Willen der Mobilfunker Handy-TV in die erste Liga bringen. Dumm nur, wenn die Grundlagen noch in der Regionalliga stecken.

T-Mobile wird die ersten Angebote für diesen Standard im kommenden Jahr auf den Markt bringen. Mit einer großflächigen Verbreitung rechnet Bresgen ab 2007 – viel zu spät für die Fußball-WM also. Warum die großen Mobilfunker dennoch DVB-H und nicht dem fast einsatzbereiten DMB den Vorzug geben, erklärt sich durch die zwei Hauptargumente Kapazität und Darstellbarkeit der Interaktivität.

Die Großen setzen auf DVB-H

Soll heißen: Da DMB technisch gesehen eine Erweiterung des Hörfunk-Standards  DAB (Digital Audio Broadcasting) ist, steht zwar bereits eine nahezu flächendeckende Infrastruktur in Deutschland zur Verfügung. Zudem läuft der Standard in Korea bereits im Regelbetrieb, so dass es auch genügend marktfertige Endgeräte gibt. Allerdings lassen sich via DMB nur drei bis vier TV-Programme empfangen. Über DVB-H sind es dagegen durchschnittlich 20.

Beim Thema Interaktivität geht es um einen Rückkanal, über den sich Angebote wie Blitzumfragen oder Wetten auf ein Spiel realisieren lassen. Die Mobilfunkbetreiber versprechen sich hier eine zusätzliche Einnahmequelle. “DVB-H erlaubt hier mehr Spielraum bei der Darstellbarkeit, zum Beispiel über zusätzliche Fenster und ähnliches”, sagt Bresgen. Zudem gebe es auch in anderen Ländern wie Großbritannien oder Österreich Bestrebungen in Richtung DVB-H, auch das sei für ein internationales Unternehmen wir T-Mobile ein Argument.

Gemeinhin gilt der Aufbau der DVB-H-Infrastruktur als kostspieliger als der des DMB-Systems. Pro Fernseh-Kanal seien die Kosten zwar vergleichbar, sagte ein T-Systems-Sprecher gegenüber silicon.de. In beiden Fällen müsse – basierend auf den zugrundeliegenden Standards DVB-T beziehungsweise DAB – zusätzliche Hardware eingebaut werden, um die jeweiligen Signale zusammenzuführen. Da aber über DMB vier Kanäle und über DVB-H 20 TV-Programme laufen können, liegen die Kosten für den Netzaufbau für das letztere System dementsprechend höher. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass für den Aufbau der DVB-H-Infrastruktur bis 2010 schätzungsweise jährlich 70 Millionen Euro anfallen.

Warten auf den Durchbruch

Die Kosten sind das eine Argument, die Verfügbarkeit das andere. Denn Deutschland wird derzeit von den Anhängern der unterschiedlichen Standards gespalten. Grob gesagt tendiert der Norden zu DVB-H, der Süden zu DAB. Das hat vor allem pragmatische Gründe. Denn der Ansturm auf die DVB-H-Programme ist so groß, dass die Nachfrage nicht überall gestillt werden kann, beziehungsweise erst dann, wenn die analogen Frequenzen abgeschaltet sind und dieser Platz für digitale Fernsehkanäle genutzt werden kann. Gerade in Süddeutschland hinkt man mit der Abschaltung der analogen Frequenzen jedoch noch hinterher und dementsprechend mit den DVB-H-Kapazitäten.

DVB-H-Handys gibt es bereits oder sie werden für das laufende Jahr erwartet, unter anderem von Nokia, BenQ, Samsung, Philips und LG – dabei setzen aber Samsung und LG daneben auch auf andere Systeme wie DMB. “Der technische Standard wird für den Markterfolg nicht entscheidend sein”, sagt debitel-Sprecher Ippach. Auch bei debitel stehe man DVB-H aufgeschlossen gegenüber, sobald es attraktive Angebote für den Standard gebe.

Gerade diese Unentschlossenheit der Branche selbst macht deutlich, wie jung – und unausgereift – das Thema Mobile-TV noch ist. Es verwundert also wenig, wenn auch von einer Euphorie der Nutzer noch wenig zu spüren ist. Eine Frühjahrsbefragung von TNS Infratest ergab, dass derzeit nur zehn Prozent der Mobilfunknutzer daran interessiert sind, ihr Telefon als mobilen Fernseher zu benutzen. Auch hier liegt vor den Netzbetreibern und Geräteherstellern noch viel Arbeit.

Bis dahin aber werden wir uns alle Fußball im allgemeinen und die WM im besonderen in den Stadien, auf Großbildleinwänden und den Fernsehern im Wohnzimmer anschauen – wie immer eben.