Lidl-Spionage: Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz gefordert

Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, will angesichts der Berichte über die heimliche Überwachung von Arbeitnehmern beim Einzelhändler Lidl einen besseren Arbeitnehmerdatenschutz. Nach Angaben des Magazins Stern hatte Lidl Mitarbeiter bespitzeln und Details aus dem Privatleben protokollieren lassen.

“Für die Überwachung von Mitarbeitern gibt es nach den arbeitsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Regelungen sehr restriktive Voraussetzungen, die eine Verhaltensüberwachung ausnahmsweise nur im konkreten Verdachtsfall ermöglichen”, sagte Stefan Kramer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Sozius der Kanzlei Brüggehagen+Kramer. Eine allgemein durchgeführte und nicht zeitlich sowie inhaltlich befristete Ausspähung einer Vielzahl von Mitarbeitern sei rechtlich unzulässig.

Kramer: “Der beschriebene Fall scheint eine weitergehende Dimension aufzuweisen, da hierbei die vom Bundesverfassungsgericht bestätigten und verfassungsrechtlich verankerten Persönlichkeitsrechte offenbar in erheblichem Maß beeinträchtigt wurden.” Es sei davon auszugehen, dass datenschutzrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden dürften. Bei der Überwachung gehe es nicht um eine Arbeitskontrolle, sondern um eine systematisch durchgeführte Verhaltenskontrolle, die einen Verstoß gegen Artikel zwei des Grundgesetzes darstelle.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte nutzte die Enthüllungen, um ein Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz zu fordern. “Die Überwachung von Mitarbeitern ist alles andere als ein Einzelfall”, sagte Schaar. Nicht nur Videokameras, sondern auch Zugangskontrollsysteme registrierten, wo sich ein Arbeitnehmer aufhalte. Die Handys und die Fahrzeuge von Außendienstmitarbeitern würden geortet und die Computernutzung am Arbeitsplatz könne bis ins Detail heimlich nachvollzogen werden.

“Ich erwarte deshalb vom Gesetzgeber, hier endlich Abhilfe zu schaffen. Der Bundestag hat meine Forderung nach einem Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz wiederholt unterstützt. Ich frage mich, warum die Bundesregierung bislang nicht einmal einen entsprechenden Entwurf vorgelegt hat.”

Wegen fehlender klarer gesetzlicher Regelungen seien Arbeitnehmer und Arbeitgeber bis heute im Wesentlichen darauf angewiesen, sich an der einschlägigen Rechtsprechung zu orientieren, so Schaar. Diese sei jedoch lückenhaft und im Einzelfall für die Betroffenen nur schwer zu erschließen.