Jobabbau: “Viele Konzerne reagieren über”

“Mit dem Abbau von Personal kann man auf die Schnelle die Bilanz schön machen”, sagt Professor Michael Nagy, der an der Fachhochschule Heidelberg das Institut für Weiterbildung und Personalentwicklung leitet. Demnach müssten die Bilanzen bei Infineon, Siemens und bei der Deutschen Telekom demnächst geradezu zum Niederknien schön sein.

Nagy attestiert so manchem Konzern eine “Überreaktion im Abbau”. Kaum eine Branche bekommt das so deutlich zu spüren wie die IT. Aufstieg und Niedergang der Dotcom-Ära bedeutete für die Karriere Tausender IT-Experten eine bis dahin nie da gewesene Achterbahnfahrt. Diese wird sich in dieser Form jetzt, sieben Jahre später, nicht wiederholen. Aber dem ein oder anderen dürfte das flaue Gefühl im Magen angesichts der jüngsten Hiobsbotschaften bekannt vorkommen. Schließlich ist beispielsweise der Stellenabbau bei Infineon der größte seit 2001. Und die Deutsche Telekom droht zum ersten Mal in ihrer Geschichte mit betriebsbedingten Kündigungen.

“Arbeitnehmer müssen lernen, dass ein Arbeitsvertrag keine Garantie ist. Deshalb müssen sie sich so fit halten, dass sie zu jeder Zeit auf dem Arbeitsmarkt gut dastehen. Es ist sehr schädlich, wenn man sich von einer Firma abhängig macht”, so Wirtschaftsexperte Nagy. “In der Schweiz zum Beispiel käme kein Arbeitnehmer auf die Idee, sich nur auf einen Arbeitgeber zu verlassen.”

Die Gründe dafür liegen in Unterschieden beim Arbeitsrecht, speziell beim deutschen Kündigungsschutz, der Angestellte in trügerische Sicherheit wiegt. Liegt die Lösung also in einer Reform des Arbeitsrechts? Nein, sagt Nagy. “Ich setze auf Bewusstseinsveränderungen anstatt auf Reformen. So schlecht sind unsere Systeme gar nicht, wenn jeder weiß, was er zu tun hat. Vor fünf Jahren hätte ich noch anders geantwortet, aber immer wenn wir Reformen in Deutschland machen, wird alles nur komplizierter.”