Wie Tibco an die Cloud heran geht

Tibco betritt den viel versprechenden Cloud Markt: Am 30. Juni wird das US-amerikanische Softwareunternehmen die Beta-Version von Silver freigeben. Bei dem Produkt handelt es sich um eine Infrastruktur-Software für Internet-basierende Rechnerverbünde.

Immerhin offenbart Tibco durchaus eine Bereitschaft, den Anwendern zuzuhören. Zwar startet der Anbieter sein Silver-Angebot top-down. Eingeladen sind die vor allem aus den weltgrößten Firmen stammenden mehr als 3000 Firmenkunden, das Beta-Produkt auszuprobieren. In dieser Klasse sind ausführliche Betatests bei vielen Kunden überhaupt nicht ungewöhnlich. Da fällt die Betonung der Betaphase von Silver natürlich auf.

“Wir wollen unbedingt vermeiden, dass Silver irgendwelche Schwächen aufweist”, erklärt der zuständige Produkt-Marketing-Manager Rourke McNamara. “Wenn Silver im Januar 2010 offiziell freigegeben wird, soll es konzeptionell und in der technischen Ausführung alle Anlagen für eine vielfältige Zukunft haben.” Diese soll möglichst nahe liegen und das Produkt zu einem “künftigen Pfeiler im Portfolio von Tibco”, so McNamara, machen. Sein Unternehmen gehe mittelfristig von “deutlich zweistelligem Silver-Umsatzwachstum” aus. Derlei lässt sich in der Anwender-Oberklasse auf Dauer nicht machen. Tibco dürfte recht bald andere Kreise anzusprechen versuchen.

Dass der Anbieter sich offenbar darauf einrichtet, andere Anwenderschichten als bisher anzusprechen, lässt sich auch an einem weiteren, geradezu kurios anmutenden Aspekt erkennen. Tibco hat keinen Preis für Silver festgelegt. Als Neuling im jungen Cloud-Markt ist der Anbieter diskussionsbereit. Manager McNamara: “Wir wollen in der Betaphase mit unseren Kunden auch darüber reden, welche Lizenzmodelle und welcher Kostenrahmen angemessen wäre.” Redet, Kunden, redet!

Der Hersteller betont, er lege Wert auf offene Standards. Das ist wohl auch insoweit der Fall, als ein Anbieter immer gezwungen ist, ein erhebliches Bündel von Standards zu implementieren, die von entsprechenden Organisationen abgesegnet sind. Doch das Text
Open Cloud Manifesto hält Tibcos Marketing-Chef Ram Menon für nicht mehr als “interessant”. Dieses fordert speziell für das Cloud Computing offene Standards, aber Menon hält ihm entgegen: “Keiner der wichtigen Markt-Player hat das Manifest unterzeichnet.” Diese Position ist nachgerade typisch für junge Märkte. Anfangs versuchen potente Anbieter, ihr Marktgewicht für Partikularinteressen einzusetzen. Im Laufe der Zeit aber müssen sie dem Anwenderdruck nach Standardisierung und Offenheit nachgeben.

  • Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in München.

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