Dual-Use-Handys

Typisch für diese Gadgets: Am Dienstag doziert Uwe Kammann, der Leiter des Adolf-Grimme-Instituts, zur besten Sendezeit im Deutschlandfunk darüber, wie Internet und Mobilfunk doch den Journalismus verändern, als sein Handy klingelt. Tausende Zuhörer werden live Zeuge, wie ein Medienwissenschaftler versucht, sein Telefon auszuschalten. Damit ist denn auch das Wichtigste über Internet und Mobilfunk gesagt: Man muss halt damit umgehen können.

Wohl kaum jemand käme auf die Idee, dass damit eine Regierung wie die in Teheran gemeint sein könnte, die aktuell unschuldige Bürger zusammenknüppeln lässt, oder eine Rechtsordnung, die die Steinigung und die Amputation von Gliedmaßen vorsieht.

Das soll jetzt ja abgeschafft werden im Iran. Was allerdings wohl eher dem Aufruhr im Land als den staatsphilosophischen Auslassungen des deutsch-finnischen Joint-Ventures geschuldet sein dürfte.

Zur Erfüllung des Regierungsauftrags “müssen autorisierte Gruppen direkten und verdeckten Zugriff auf die Kommunikation zwischen Verdächtigen erhalten, egal ob es sich um Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen handelt”, hat Siemens Nokia seine “Lösungen für Sicherheitsbehörden” weiter beworben.

Eine solche hat das Unternehmen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres auch an den Iran verkauft als Teil eines größeren Auftrags über Mobilfunktechnologie. Das hat der Konzernsprecher Ben Roome diese Woche gegenüber dem Wall Street Journal eingeräumt.

Es sei nichts Besonderes gewesen: “Wenn man Netze verkauft, verkauft man eigentlich auch die Fähigkeit, jedwede Kommunikation, die darüber läuft, abzufangen.”

Auf der aus dem Web genommenen Seite las sich das noch anders: “Wir sind der einzige Anbieter von Telekommunikationsnetzen, der eine Monitoring-Lösung auch für die Netze aller anderen Netzanbieter zur Verfügung stellt.”

Die Lösung “für Sicherheitsbehörden”, die der Konzern an den Iran geliefert hat, ist demnach vielleicht einzigartig, vielleicht aber auch bloß eine Art unvermeidlicher Beifang, der einem diktatorischen Regime und Nokia-Siemens-Kunden ins Netz gegangen ist. Auf jeden Fall dürfte von dieser Lösung in Teheran derzeit rege Gebrauch gemacht werden.

Für die moderne Kommunikationstechnik gilt halt dasselbe wie das, womit die deutsche Zementwirtschaft früher für ihr Produkt geworben hat. “Beton – es kommt drauf an, was man daraus macht!” Die Demonstranten im Iran zumindest zeigen derzeit täglich, dass sie das Richtige machen und wie gut sie mit Internet und Mobilfunk umgehen können.