Der Elektronik-Katalog

Sie war schon etwas älter, ging bereits auf die 30 zu. Anfangs war es natürlich phantastisch gewesen, was sie alles zu bieten hatte.

Sehr zeigefreudig hatte sie sich gegeben. Ganz offenkundig wusste sie, dass sie deswegen da war, wo sie war. Und es folgte auch gleich der unvermeidliche Aufriss.

Nach nicht allzu langer Zeit allerdings kannte man halt alles in- und auswendig. Nichts Neues mehr.

Deshalb lag sie meist unbeachtet irgendwo in der Wohnung herum. Heute Vormittag schließlich ist sie dann im hohen Bogen rausgeflogen, weil eine neue Frau kam, jünger und blond und sexy wie immer.

Sachen hat die! “Extra-breit” hat jemand in der Höhe des Busens der Blondine im Bikini geschrieben. Natürlich hat man sie gleich wieder aufgerissen, die Plastikfolie um den Katalog vom Elektronik-Versender.

Ein Navigationssystem “mit riesigem 5-Zoll-Bildschirm für bessere Ablesbarkeit” präsentiert die Schöne auf dem Titelbild. Die anderen interessanten Sachen, die angeboten werden: ein “Pocket-LED-Beamer – genial klein: 9 x 4 x 8”. Die exotische Schönheit, die ihn hält, hingegen misst wohl eher die obligatorischen 90/60/90. Der genial kleine Beamer geht deswegen fast etwas unter auf dem Bild.

Eine jener wunderbaren Frauen, die vielleicht 1 Meter 60 groß sind, aber mindestens 2 Meter lange Beine haben, strahlt einen USB-IDE-Konverter für 13 Euro 95 an. Und eine im weißen Stretch-Mini lächelt für die “Komfort Notebook-Auflage ‘Lapdesk'”, womit ein Plastikkissen für 19 Euro 95 gemeint ist – nicht die Beine des Fotomodells, auf denen das Notebook mitsamt seinem Kissen ruht.

Wie kommt jemand bloß darauf, fragt man sich da doch, mit so viel Sex für – im Grunde eigentlich langweiliges – elektronisches Fitzelzeug zu werben. Worin um alles in der Welt besteht die Verbindung zwischen schönen Frauen und digitaler Discounter-Ware?

Ganz einfach: Sie besteht in Männern, die einsam sind. Das sind diese grundsätzlich immer, vor allem aber an Arbeitsplätzen, die sie – wenn überhaupt, dann höchstens – mit anderen Männern teilen. Dort finden sich denn auch die meisten Bilder hübsch, also besonders sparsam, bekleideter Frauen.

Früher waren das Autowerkstätten. Und Tuning-Kataloge zeigten deswegen Bilder von Spoilern, Breitreifen und schönen Frauen. Sogar Miss-Tuning-Wahlen wurden veranstaltet.

Aber Kfz-Mechaniker gibt’s ja nicht mehr. Die heißen heute Mechatroniker und sind eigentlich auch längst IT-Fachleute. Der Computer ist quasi der Schraubenschlüssel der Informationsgesellschaft.

Ergo: Immer, wenn Männer arbeiten und einsam sind, geschieht dies vor irgendwelchen Rechnern. Und deshalb ist es nur konsequent, schöne Frauen für Adapter, Platinen und Speicherkarten werben zu lassen. Und bloß eine Frage der Zeit, bis einmal Miss-USB-Wahlen abgehalten werden.