Der Elektronik-Katalog

Sie war schon etwas älter, ging bereits auf die 30 zu. Anfangs war es natürlich phantastisch gewesen, was sie alles zu bieten hatte.

Wenn man den Marketing-Leuten wohlgesonnen wäre, könnte man sich sogar zu der These versteigen, Werbung mit Sex bilde ein konstitutives Element der Green IT.

Jedenfalls ist sie die ursprünglichste Form. Quasi Bio-Reklame. Mit ihr stellt die Natur die Arterhaltung sicher.

Dementsprechend ist sie hocheffizient. Wer von jemandem etwas will, was der auf keinen Fall hergeben möchte, muss mit Sex werben.

Wenn’s wirkt, reduziert es den facettenreichen menschlichen Willen auf ein einziges Ziel. Werbung verdummt. Und das gilt besonders für ihre ursprüngliche Form.

Wen’s erwischt, der verliert alles: die Contenance, die Freiheit und seinen Verstand mitsamt der Fähigkeit, ganze Sätze zu bilden. Stattdessen glubscht man nur noch den Anderen mit großen Augen an.

Das heißt, meistens handelt es sich um die Andere. Weil es in der Regel Männer sind, die Frauen anglubschen. Frauen hingegen können sehr beherrscht sein, wenn sie wollen. Und Anfangs wollen sie meist.

Später dann löst oft Keifen das anfängliche Flöten ab. Krampfadern bilden sich an der Seele. Und wenn’s dumm gelaufen ist, umhüllt dann bereits der Duft warmer Baby-Kacke die einstmals traute Zweisamkeit.

Später, nach der Trennung, nimmt man sich ganz fest vor: Nie wieder! Und leitet damit auch gleich die nächste Niederlage seines vermeintlich freien Willens ein… – Na ja, was einem halt so durch den Kopf geht, wenn einem des Morgens der Briefträger den neuen Elektronik-Katalog gebracht hat.

Selbstverständlich ist dieser Wochenrückblick nicht einsam am PC geschrieben worden. Sondern mit dem PDA am schönsten Platz der Welt, im Biergarten am Flaucher-Kiosk. Ein Ort, an dem die Menschen so vitalen Tätigkeiten nachgehen wie essen, trinken, rauchen und miteinander plaudern. Ein Ort des Lebens und der Freude an selbigem.

Viel los ist heute hier. Der Biergarten füllt sich immer mehr.

“Ist da noch frei?” fragt eine Stimme. Einer Frau gehört sie. Ihre sommerliche Kleidung wirkt sehr vorteilhaft hinter dem Tablett mit Brotzeit und Bier.

Und sie lächelt – ein Lächeln, mit dem sie einem ein Rack voller Server verkaufen könnte, einen Parallel Sysplex, eine Computing-Cloud oder auch einen USB-IDE-Adapter, alles.

“Beherrsch dich!” schießt es einem durch den Kopf. “Nicht glubschen! Ganze Sätze bilden – mit Subjekt, Objekt und vor allem Prädikat!”

“Ist hier frei?” lächelt sie noch einmal. – “Äh, ja, schon.”