Internet-Seiten der Ministerien in der Kritik

Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim vergeben schlechte Deutsch-Noten für die Internet-Texte der deutschen Ministerien. Dabei wären verständliche Texte so einfach. Der Mangel lässt sich in Prozent ausdrücken: Um 16 bis 30 Prozent und stellenweise sogar über 50 Prozent ließe sich die Verständlichkeit der Ministerien steigern, wenn die Verfasser ein paar einfache Regeln beachten würden.

Der Versuch selbst war im Ansatz sehr simpel: Im Praxistext baten die Forscher insgesamt 227 Teilnehmer vor den PC, um (in getrennten Gruppen) Original und Optimierung von vier der 16 untersuchten Texte zu lesen. Nach jeder Lektüre stellten sie den Teilnehmern Verständnisfragen. Sowohl die subjektive Einschätzung der Probe-Leser als auch das objektive Verständnis wurden abgefragt. Daraus errechneten die Kommunikationsexperten einen Verständnisindex. Der Werte-Vergleich von Original und Optimierung ergab den Verständnis-Zuwachs für den verbesserten Text.

Um 16 bis 49 Prozent sei das Verständnis dabei gegenüber dem Originaltext gesteigert worden, so Kerchers abschließende Auswertung. Besonders deutlich sei der Effekt beim zitierten Text des Bundesarbeitsministeriums zur Rentenkürzung. Auch die subjektive Verständlichkeitsbewertung konnte bei diesem unverständlichen Pamphlet um mehr als die Hälfte gesteigert werden.

Verblüfft hat die Experten ein weiteres Ergebnis der Studie: Der Verständnis-Gewinn war für alle Teilnehmer ähnlich groß. “Ob mit höherer Bildung oder ohne, mit oder ohne Interesse für Politik: Alle untersuchten Wählergruppen profitierten von dem verbesserten Text”, so der Leiter der Studie. Auch dass sich die Parteiidentifikation nicht systematisch auf die Verständlichkeitsbewertung auswirkte, hätte Studienleiter Kercher nicht erwartet: “Selbst wer sich stark mit einer der Regierungsparteien identifiziert, findet deren Texte nicht automatisch verständlicher. Im Gegenteil, die Regierungsanhänger bewerteten die Texte des Kanzleramts und der Ministerien häufig sogar als Oppositionsanhänger und Parteiungebundene.” Ein Befund, der der Bundesregierung zu denken geben sollte.

Um die Texte zu verbessern verwendeten die Wissenschaftler die Software ‘TextLab‘, die vom CommunicationLab Ulm entwickelt wurde und vom Lehrstuhl für Forschungszwecke eingesetzt wird. Dabei handelt es sich um eine Analyse-Software, die gezielt auf Problemstellen in Texten hinweist – wie zum Beispiel schwierige Wörter und komplexe Sätze. Danach machten sich die Wissenschaftler daran, zu kürzen, zu ersetzen und zu vereinfachen.