Wochenrückblick: Her mit der Kneißlware

Spyware, Trojaner, Downloader, Makroviren, Keylogger, Backdoors, Tarnkappenviren, Würmer… Manchmal fragt man sich ja: Gibt es in Sachen digitalem Ungeziefer theoretisch überhaupt noch etwas, das es nicht auch schon praktisch gibt? – Es gibt!

Noch verheerender wirkt der CxODropper. Er befällt gezielt, die von Führungskräften bevorzugten Geräte, beispielsweise solche, deren Namen mit einem “i” beginnt. Auf den Anzeigetafeln von Golfplätzen verwandelt er jedes Birdie in einen Bogey. Verseuchte HiFi-Anlagen von Bang & Olufsen spielen laufend “Brüder zur Sonne, zur Freiheit”. Und auch eine Variante für die Rolex-Plattform existiert.

Die gesamte Wirtschaftelite wird so noch verwirrter als sonst sowie völlig paralysiert und ist nicht mehr in der Lage, ihrer ureigensten Aufgabe nachzukommen, also den arbeitenden Menschen im Weg herumzustehen. Aufgrund des dadurch unvermeidbaren Produktivitätsschubs kommt es zu einer massiven Überproduktion.

Waren liegen unverkäuflich in Edelboutiquen und bei Discountern. Es kommt zu Kurzarbeit in allen Wirtschaftszweigen, was aber auch nichts nützt. Schließlich können Arbeitsmänner und Arbeitsfrauen, die sich ungestört reinknien, mehr schaffen, als solche, die noch während der Überstunden von einem Leadership-Team geführt werden.

Der TVPhoen alias Intelligent Zapper befällt herkömmliche Fernsehgeräte, Settop-Boxes, Kabelanschlüsse und Satellitenanlagen. Er verfügt über eine intelligente Audio- und Video-Mustererkennung: Immer wenn sein Analyse-Modul auf ein Kompositum mit “supermega-” stößt, gesprochen im norddeutschen Akzent, oder auf eine rothaarige, übergewichtige Fernsehrichterin, schaltet er auf Phoenix, 3Sat oder BR-Alpha um.

Beim Stichwort “Big Brother” lädt er eine achtstündige ARTE-Dokomentation über George Orwell aus dem Internet. Und bei “Casting” kappt er die Stromzufuhr des Empfangsgeräts.

Auf den dadurch ausgelösten Bildungsaufschwung ist das Land der Dichter und Denker nicht eingerichtet. Es kommt zu massiven Verwerfungen in der Medienindustrie. Die Bild-Zeitung hofft, ihre Verkaufsauflage von 37.500 Exemplaren halten zu können, was Analysten allerdings bezweifeln. Die Zeit lehnt – wegen fehlender Prominenz – den inzwischen darbenden Thomas Gottschalk als freien Mitarbeiter für die Rubrik Buntes ab. Und erstmals kostet ein Werbespot im Deutschlandfunk – für die Rilke-Gesamtausgabe – mehr als das Platin-Sponsorship für eine Fußball-WM.