Neue Debatte um “Killerspiele”

Der 17-jährige Tim K. tötete im März in Winnenden 15 Menschen und sich selbst. Das Land Baden-Württemberg setzte daraufhin eine Kommission ein, den ‘Expertenkreis Amok’. Die Fachleute haben jetzt ihren Abschlussbericht mit 85 Ratschlägen vorgelegt – darunter auch solchen, die die Debatte um ein Verbot von Killerspielen sowie um Internetsperren neu anheizen.

Im Spiel gehe es hauptsächlich darum, seine Fähigkeiten anzuwenden und weniger darum, sich an blutigen Bildern zu berauschen, erklärte Klaus Peter Jantke, Leiter der Forschungsgruppe Kindermedien beim Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie in Erfurt, gegenüber der TAZ.

Besonders Jungen fänden in Videospielen die Freiräume, die ihnen in der realen Welt verbaut seien, sagte der Jugendtherapeut Olaf Jantz. Viele würden im Spielen zum ersten Mal das Gefühl bekommen, selbst effektiv handeln zu können – auch wenn dieses Handeln nur daraus bestehe, eine Handgranate zu werfen.

“Die Jungen,” so Jantz, “wissen ganz genau, was andere an den Spielen schlimm finden. Viele empfinden das genauso.” Manche Jungen machten die Spiele nur an, wenn die Mutter ins Zimmer komme, um sie zu erschrecken und um Grenzen zu überschreiten. Dies sei nötig, um sich in der Welt zu verorten.

“Computerspiele werden bereits heute von der USK mit Altersbeschränkungen belegt und bei Straftatbeständen wie Kriegsverherrlichung oder Verletzung der Menschenwürde von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert”, sagte Florian Bischof vom Berliner Landesvorstand der Piratenpartei. Das vom Expertenkreis Amok geforderte Totalverbot von Spielen mit Kriegshandlung treibe die Spieler in die Illegalität.

Auch wenn Baden-Württemberg einen erneuten Vorstoß für ein Verbot von “Killerspielen” unternehmen sollte – eine gesellschaftliche Mehrheit dürfte derzeit dafür nicht zu Stande kommen. In einer Umfrage, die der Marktforscher Infratest dimap unmittelbar nach dem Amoklauf in Winnenden im März durchführte, votierten nur 41 Prozent der Bundesbürger für ein Verbot. Unter den 18- bis 29-Jährigen fiel die Zustimmung für ein Verbot mit 15 Prozent noch weitaus geringer aus.