SAP setzt Léo Apotheker ab

Völlig überraschend kam am Sonntag die Nachricht aus Walldorf, dass der SAP-Chef Léo Apotheker von seinem Posten zurücktreten werde. Europas größter Softwarekonzern wird künftig wieder eine Doppelspitze, bestehend aus Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe, haben.

“Die Neuaufstellung der Unternehmensspitze soll die Produktinnovationen näher mit den Kundenanforderungen zusammenbringen”, kommentierte Hasso Plattner am Abend. “Die neue Führung wird die strategische Ausrichtung des Unternehmens sowie den Fokus auf profitables Wachstum beibehalten und weiter vorantreiben und mit unseren Innovationen im Jahr 2010 die führende Position im Markt weiter ausbauen.”

Neben McDermont und Hagemann Snabe hat der Aufsichtsrat Vishal Sikka, Chief Technology Officer, zum Vorstandsmitglied bestellt. Auf Wunsch des Aufsichtsrats wird Hasso Plattner, Mitgründer der SAP und Aufsichtsratsvorsitzender der SAP AG, weiterhin eine starke Rolle spielen, um die neue Führung in Fragen der Technologie und der Produktentwicklung zu beraten.

Dass Hasso Plattner nach wie vor eine große Rolle bei der SAP spielt ist eigentlich kein Geheimnis. Jedoch spricht der Aufsichtsrat explizit den Wunsch nach der Führungsrolle Plattners aus. Damit soll nach diesem schnellen Wechsel so etwas wie Kontinuität hergestellt werden.

Kontinuität wird es wohl auch bei der Produkt-Strategie geben, Experten erwarten keine großen Änderungen in der Ausrichtung des Unternehmens. Und dennoch wird sich etwas ändern müssen, denn kein mit SAP vergleichbares Unternehmen wurde so hart von der Krise getroffen wie SAP.

Holger Kisker, Analyst bei Forrester Research, will dieses Problem nicht ausschließlich auf die ungeschickt eingeführte Preiserhöhung beim Support zurückführen: “Das Problem liegt tiefer”, erklärt Kisker. “SAP hat sich in den letzten Jahren von einem produktgetriebenen zu einer vor allem vom Sales geprägten Unternehmen gewandelt.” Alle produktorientierten Manager auf Vorstandsebene seien inzwischen gegen Verkäufer ausgetauscht, und das “hat SAP nicht gut getan.”

Zu schnell, und unter anderem unter Führung von Apotheker sollte zum Beispiel Business ByDesign im Markt eingeführt werden. Bei SAP habe in seinen Augen die Denke vorgeherrscht, dass man schon hat, was man zum Verkaufen braucht und jetzt könne man sich vor allem auf den Vertrieb konzentrieren.

Die Sicherung von Qualität, Zuverlässigkeit und Innovation hat in diesem Klima gelitten. Somit sei laut Kisker der verpflichtende Enterprise Support nur ein Ausdruck des Problems bei SAP. Nun kommen mit McDermott aber auch mit Hagemann Snabe wieder Vertriebler an die Spitze. Allerdings kennt Hagemann Snabe auch andere Bereiche des Unternehmens. Ob sich dadurch viel an SAPs Grundproblem ändern wird, muss sich erst zeigen.

Für etwas mehr Optimismus sorgt bei Kisker die Berufung von Vishal Sikka in den Vorstand. Er wird in den nächsten Monaten bei der Markteinführung von Business ByDesign helfen aber auch die On-Demand-Strategie des Unternehmens weiter vorantreiben. Sikka hat beim Influenca-Summit in Boston im vergangenen Herbst aber auch klar gemacht, dass es beim Thema On-Demand Grenzen gibt. Eine Business Suite als Cloud-Angebot sehe er nicht. Und auch Hagemann Snabe hat bei der TechEd in Wien zum Thema Large Enterprise On-Demand erklärt, dass dieses Thema in großen Unternehmen nur ergänzend zu einer klassischen On-Premise-Lösung gesehen werden kann.