Wie spart man beim SAP-Support?

Immer häufiger legen Anwender den Support für ihre Anwendungen und ERP-Systeme nicht mehr in die Hände des Herstellers. Aber funktioniert das im jedem Fall und ist das auch billiger? Software-Experte Dr. Stefan Ried, Senior Analyst Forrester Research, erklärt, wann es Sinn macht einen unabhängigen Support-Anbieter ins Boot zu holen.

silicon.de: Eignet sich denn SAP-Software für eine derartige Drittwartung?

Ried: Die SAP-Geschäftslogik ist zum größten Teil in der Programmiersprache ABAP geschrieben. Das ist ein offenes System, in dem die Programmquellen zwar urheberrechtlich geschützt, aber für Kunden offen zugänglich sind. Bitte nicht mit Open Source verwechseln, wo die Quellen auch offen sind, aber auch offene Lizenzbedingungen vorliegen. Schließlich kann man die ABAP-Sourcen lesen und auch ändern, was mit den Java-Teilen der SAP-Software nicht geht. Daher ist auch SAP für Third-Party-Maintenance technisch relativ gut beherrschbar. Das ist ganz anders als bei einem binär kompilierten System. Deshalb gibt es zum Beispiel keinen alternativen Maintenance-Anbieter für einen alten Microsoft Exchange-Server 2000. Das geht technisch gar nicht, man kann die Bugs nicht beheben, denn dafür müsste man es neu kompilieren und die Sourcen sind den Kunden nicht zugänglich.

silicon.de: Wie steht es denn um das Thema bei Oracle?

Ried: Bei Oracle wird das vor allem bei zugekauften Lösungen wie Siebel und Peoplesoft gemacht. Und dann vor allem da, wo die Kunden die Wahrnehmung haben, dass Oracle die Applikationslogik nicht mit hoher Geschwindigkeit weiterentwickelt. Das passt dann wieder zu dem Muster, das man das vor allem dann gerne macht, wenn sich die Anwendungslandschaft nicht in einer so agilen Weise ändert.

silicon.de: Und wie sieht es bei den Kernprodukten von Oracle aus?

Ried: Für die Oracle E-Business-Suite selbst ist das ein Modell, das derzeit noch nicht so massiv verbreitet ist. Da gab es ja auch das Beispiel von Tomorrownow, die Support für Oracle angeboten haben und von SAP gekauft wurden. Dann hat SAP sich leider in der rechtlichen Beziehung zu Oracle ungeschickt verhalten, Oracle hat gegen SAP geklagt und gewonnen. Tomorrownow hat seine Tätigkeit einstellen müssen.

silicon.de: Wie beurteilen Sie denn die Zukunft von Drittwartung? Glauben Sie, dass SAP über Kurz oder Lang diesem Treiben einen Riegel vorschieben könnte?

Ried: Langfristig hat man als Software-Hersteller immer Probleme, wenn man ein Monopol in Anspruch nimmt. Es ist im Grunde das gleiche wie bei einem Automobil: Wenn sie heute zu einem Hersteller gehen, können sie das komplette Werkstatthandbuch verlangen. Die Rechtslange in Europa und großen Teilen der USA sagt ganz klar: Man muss die Möglichkeit haben, das Auto auch von jemand anderen warten zu lassen. Das ist sehr bald sogar für die Software innerhalb des Autos so. Ein Hersteller wie Daimler muss auch die in ein Fahrzeug eingebettete Software ebenfalls alternativen Anbietern zugänglich machen.

Ich gehe davon aus, dass Drittwartung für Unternehmenssoftware den gleichen Weg geht. Ich bin kein Anwalt. Aber meine Prognose lautet, dass wir nach der Welle der Anti-Monopol-Prozesse in eine Welle der Maintenance-Gesetze in den nächsten zehn Jahren kommen werden.

silicon.de: Gibt es für diese Entwicklung schon erste Anzeichen?

Ried: Die Kraft mit der Monopol-Diskussionen, wie wir sie etwa bei Sun/Oracle oder bei Microsoft erlebt haben, zeigt ja, dass die Richter inzwischen ein wenig besser verstehen, wie Software funktioniert. Und wenn sich die Welle der Monopol-Rechtsprechung bei Software eingeschwungen hat, werden wir auf eine Welle der Maintenance-Urteile kommen. Und das wird dann natürlich auch für den CIO sehr interessant.

silicon.de: Was bedeutet das für die Hersteller?

Ried: Sie sehen ja, dass nicht nur die SAP mit dem Lizenzgeschäft zunehmend Probleme hat und daher vermehrt versuchen wird, mit Services Geld zu verdienen. Und das muss die SAP so machen, dass die Partnerbeziehungen nicht zerstört werden. SAP wird mit Maintenance verdienen, was ein Service ist. SAP versucht mit SaaS-Angeboten mit BO, BusinessBy Design in SMB und zukünftig auch mit SaaS-Lösungen im Large Enterprise Fuß zu fassen. Alle drei sind Services und versprechen kontinuierlichen Umsatz. Und die SAP wird sicherlich darüber nachdenken, wie das Know-how der Geschäftsprozesse als Service verkauft werden kann. Da kann man sich zum Beispiel kommerzielle Communities vorstellen, wo Geschäftsmodelle diskutiert werden und neue Lösungen “kollaborativ modelliert” werden, die nicht unbedingt in einer Lizenz-Software münden. Immer noch sind Geschäftsprozesse und Datenstrukturen zu fragmentiert, was die Verbindung von Handelspartnern in Business Networks aufwendig macht.

silicon.de: Auch SAP wird sich also anpassen müssen?

Ried: Nach den Jahrzehnten der Mainframes, des Client Server Computing und des Network Computing bringt das Cloud Computing eine entscheidende Verschiebung von Investitionsausgaben hin zu Services – auch für Unternehmenssoftware! Anwender werden sich in der aufkommenden Ära des Smart-Computing viel mehr auf den Nutzen für ihre Branche als auf Software Technologie konzentrieren.

silicon.de: Herr Ried, wir danken für das interessante Gespräch.

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