Der SAP-CTO im silicon.de-Interview

Inmitten der schwersten Krise des deutschen Software-Unternehmens wird Vishal Sikka in den deutlich ausgedünnten SAP-Vorstand gewählt. Doch davon will sich der SAP-CTO nicht abschrecken lassen und er sieht das Glas lieber halb voll als halb leer, wie er im Gespräch mit silicon.de erklärt.

silicon.de: Herr Sikka, Sie sind CTO eines der wichtigsten Software-Unternehmen der Welt und seit einigen Wochen auch im Vorstand der SAP. Hasso Plattner hatte zum Ende der Amtszeit von Léo Apotheker Ende Februar erklärt, er wolle, dass SAP wieder ein glückliches Unternehmen wird. Sind Sie denn glücklich?

Sikka: Es gibt Zeiten, in denen man glücklich ist und Zeiten, da ist es etwas schwieriger. Lassen Sie mich Ihre Frage so beantworten: Ich glaube an eine durchgängige Heterogenität. Ich glaube, dass die IT-Landschaften unserer Kunden heterogen sind. Ebenso glaube ich, dass die IT-Welt keine ist, in der man Problemen mit einem einzigen Werkzeug begegnen kann. Unabhängig davon ist es als Unternehmer und Innovator sozusagen Teil meiner Natur, das Glas als halbvoll anzusehen. Diese Strategie braucht man ziemlich oft, um wieder glücklich zu werden (lacht).

silicon.de: Sie sind jetzt als Chief Technology Officer im Vorstand der SAP – glauben Sie, die technische Seite ist dort jetzt in ausreichendem Maße vertreten?

Sikka: Davon bin ich absolut überzeugt. Ich bin Techniker, Gerhard Oswald, COO der SAP, ist ein ehemaliger Entwickler, Jim Hagemann-Snabe war und ist weiterhin für die Produktentwicklung zuständig. Man kann also durchaus sagen, dass die Technologie-Seite wirklich gut repräsentiert ist.

SAP-CTO Vishal Sikka
Vishal Sikka ist seit Februar nicht nur CTO bei SAP, sondern auch Mitglied im Vorstand. Durch die Neugestaltung der Führungsriege ist für ihn die Balance zwischen kaufmännischem und technischem Bereich in Walldorf wieder hergestellt.
Foto: Martin Schindler

silicon.de: Es gibt viele Stimmen, die die Ursache der Probleme, die SAP in der jüngsten Vergangenheit zweifellos hatte, eben darauf zurückführten, dass es im Unternehmen zu viele Kräfte gab, die verkaufen wollten und zu wenige, die sich um die Technologie kümmerten. Glauben Sie, dass diese Kritiker Recht hatten?

Sikka: Das denke ich nicht. Bei vielen großen Unternehmen mit starkem Wachstum kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo die Leute aus dem Business das Ruder übernehmen. Schauen sie sich John Chambers an. Auch Paul Otellini bei Intel oder ein Steve Ballmer sind Geschäftsmänner. Diese Entwicklung ist also alles andere als unnormal. Es ist nichts, was es nicht schon vorher gegeben hätte. Und auch bei SAP wurde dieser Weg eingeschlagen.

silicon.de: Jetzt scheint diese Dominanz etwas abgeschwächt?

Sikka: Auf der anderen Seite ist es offensichtlich, dass wir uns in einer Phase unglaublicher technischer Entwicklungen und grundlegender Veränderungen befinden. Es sind plötzlich völlig neue Innovationen nötig. Von daher glaube ich, dass wir wieder ein auf Technologie ausgerichtetes Führungsteam brauchten. Wir haben also eine ganz normale Entwicklung durchlebt. Allerdings mussten wir wegen der Umbruchsituation, in der wir uns derzeit befinden, das Management erneut justieren.

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